Fahreignung bei bestimmten Beeinträchtigungen
Je nach Schweregrad einer Behinderung oder chronischen Erkrankung kann die Fahreignung eingeschränkt oder in bestimmten Fällen sogar ausgeschlossen sein. Aufgrund der unterschiedlichen gesundheitlichen Ausprägungen wird über die Fahrerlaubnis immer individuell entschieden.
Wer einen Führerschein besitzt und eine Körperbehinderung, Sinnesbehinderung oder kognitive Beeinträchtigung erwirbt, hat keine gesetzliche Meldepflicht gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde (auch Straßenverkehrsbehörde oder Führerscheinstelle).
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) fordert jedoch eine eigenverantwortliche Vorsorge zum eigenen Schutz und zum Schutz anderer im Straßenverkehr. In den Anlagen 4 und 6 der Fahrerlaubnis-Verordnung ist auch geregelt, unter welchen Voraussetzungen bei bestimmten körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann. Die konkreten Beurteilungsgrundlagen der Behinderung oder Erkrankung sind in den „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“ der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aufgeführt.
Was ist bei der Fahrerlaubnis allgemein zu beachten?
- Eine amtliche Bestätigung der Fahrtüchtigkeit ist vor allem für Berufstätige wichtig, die auf das Auto angewiesen sind.
- Erkundigen Sie sich bei Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten oder in Ihrem Betrieb, wer in Ihrer Kommune für Gutachten zuständig ist.
- Ein generelles Fahrverbot besteht bei einer Dauerbehandlung mit bestimmten Medikamenten.
Art der Behinderung oder Erkrankung
Die folgende Liste von Behinderungen und chronischen Erkrankungen umfasst nur häufig nachgefragte Themen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Die Formen der Beeinträchtigungen sind alphabetisch geordnet.
Personen mit Diabetes können in der Regel ein Fahrzeug fahren, bei schwerem Krankheitsverlauf mit häufigen Stoffwechselentgleisungen kann dies jedoch nicht mehr möglich sein. Für Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer mit Diabetes gelten strengere Vorgaben.
Unterzuckerungen
Unterzuckerungen (Hypoglykämien) treten meist plötzlich auf. Sie können zu Verhaltensstörungen, Bewusstseinstrübungen und Kontrollverlust führen. Wenn Personen mit Diabetes ihre Unterzuckerungen nicht rechtzeitig bemerken, ist das Fahren nicht erlaubt.
Überzuckerungen
Überzuckerungen (Hyperglykämien) gehen mit Schwäche, Übelkeit oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen einher. Im Gegensatz zur Unterzuckerung entwickeln sie sich aber eher langsam und werden meist rechtzeitig bemerkt.
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft hat gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften und Verbänden eine europäische Leitlinie zu Diabetes und Straßenverkehr erarbeitet.Die Leitlinie stellt eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für Begutachtungen der Fahrtauglichkeit von Menschen mit Diabetes dar.
Die Fahrerlaubnis bei Epilepsie hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend sind Art und Häufigkeit der Anfälle.
Solange mit Anfällen, Bewusstseinsstörungen oder motorischen Einschränkungen (auch unter medikamentöser Behandlung) zu rechnen ist und eine Eigen- oder Fremdgefährdung besteht, ist das Führen von Kraftfahrzeugen nicht erlaubt. Ausnahmen gelten für Personen, die eine längere anfallsfreie Zeit nachweisen können.
Nach Erteilung der Fahrerlaubnis sind für beide Führerscheingruppen 1 und 2 zunächst jährliche Kontrolluntersuchungen bei Fachärztinnen und Fachärzten für Neurologie erforderlich.
Die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sowie die Berufseignungsempfehlungen des Ausschusses Arbeitsmedizin der DGUV stellen lediglich einen Orientierungsrahmen dar. In begründeten Fällen kann davon abgewichen werden.
(Quelle: REHADAT-Wissen Epilepsie)
Das Hörvermögen hat keinen Einfluss auf die Fahrfähigkeit. Darüber hinaus bieten einige Fahrschulen den theoretischen Unterricht in Gebärdensprache an, sodass auch gehörlose Fahrschülerinnen und Fahrschüler den Führerschein erwerben können.
Fahrerlaubnis-Gruppe 1:
Das Führen von Motorrädern, Personenkraftwagen und landwirtschaftlichen Fahrzeugen ist für schwerhörige und gehörlose (ertaubte) Menschen ohne Auflagen möglich.
Fahrerlaubnis-Gruppe 2:
Für hochgradig Schwerhörige (Hörverlust von 60 Prozent und mehr) und gehörlose Menschen gelten Beschränkungen für Fahrzeuge der Gruppe 2 wie Lkw oder Omnibusse. Voraussetzungen sind eine fachärztliche Eignungsuntersuchung, regelmäßige ärztliche Kontrollen und eine dreijährige Fahrpraxis mit einem Pkw.
Hochgradig hörgeminderte Personen müssen, soweit möglich, medizinisch-technisch geeignete Hörhilfen tragen. Liegen neben der Hörbehinderung weitere schwere Einschränkungen wie Seh- oder Gleichgewichtsstörungen vor, können strengere Fahrauflagen gelten. Diese Beschränkungen werden nach eigenen Beurteilungskriterien bewertet. Für die Haftung von Unfällen ist eine fachärztliche Begutachtung von Gleichgewichtsstörungen erforderlich, auch diese gut ausgeglichen werden können.
(Quelle: REHADAT-Wissen Hörbehinderung)
Das Autofahren mit einer kognitiven Einschränkung oder Lernbeeinträchtigung ist grundsätzlich möglich, sofern kein erhöhtes Risiko im Straßenverkehr besteht. Zur Feststellung der kognitiven Leistungsfähigkeit sind in der Regel eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) und eine Fahrprobe vor der Führerscheinprüfung (z.B. beim TÜV) erforderlich.
Einige Fahrschulen bieten auch einen an die kognitive Einschränkung angepassten Theorieunterricht an, zum Beispiel mit langsamerem Lerntempo, computergestützten Programmen, Videos, Bildern, Rollenspielen oder Reimen.
Menschen mit körperlichen Bewegungseinschränkungen wie Querschnittlähmung, Halbseitenlähmung, Amputation oder Kleinwuchs können grundsätzlich ein Fahrzeug führen.
Entscheidend sind hier neben medizinischen Gutachten vor allem technische Gutachten, die die notwendigen Fahrzeugumrüstungen festlegen. Um zu prüfen, ob die jeweiligen Personen mit den technischen Anpassungen zurechtkommen, sind vor der Führerscheinprüfung meistens Fahrproben im technisch umgerüsteten Fahrzeug erforderlich. Führerscheininhaberinnen und Führerscheininhaber müssen in der Regel einige Fahrtrainings im angepassten Fahrzeug absolvieren.
Da Multiple Sklerose eine Erkrankung des zentralen Nervensystems ist, können sehr unterschiedliche Symptome und Verläufe auftreten. Motorische Störungen, Erschöpfungszustände (Fatigue), Konzentrations- oder Sehstörungen sind häufige Anzeichen, die sich auf die Verkehrssicherheit auswirken. In der Regel sind medizinische und technische Gutachten sowie Fahrproben in umgerüsteten Fahrzeugen erforderlich, um die Fahreignung festzustellen.
Bei dieser vielschichtigen und fortschreitenden Erkrankung ist es wichtig, immer den Einzelfall zu betrachten.
Wer auf eine Dialysebehandlung angewiesen ist und keine stark beeinträchtigenden Begleiterkrankungen oder Komplikationen hat, kann in der Regel ein Fahrzeug fahren. Allerdings müssen sich Nierenerkrankte einer ständigen ärztlichen Kontrolle unterziehen und jährlich neue Begutachtungen durchführen.
Manche Menschen fühlen sich nach der Dialyse nicht in der Lage, ein Auto zu fahren. Daher sollten sie immer selbst einschätzen, ob sie sich fahrfähig fühlen und im Zweifel mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten sprechen.
Bei schwerer Niereninsuffizienz ist das Führen eines Fahrzeugs grundsätzlich nicht möglich.
Parkinson ist eine Erkrankung des Nervensystems und äußert sich zum Beispiel durch motorische Bewegungsstörungen (wie Zittern, Bewegungsstarre), Aufmerksamkeitsstörungen, Halluzinationen oder Sehstörungen (wie Doppelbilder). Die meisten Erkrankten sind über 60 Jahre alt.
Fahrerlaubnis-Gruppe 1:
In leichten Fällen und bei erfolgreicher Therapie können an Parkinson erkrankte Personen Fahrzeuge der Gruppe 1 fahren. Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung schreibt jedoch bei bedingter Fahreignung Nachuntersuchungen in Abständen von ein, zwei und vier Jahren vor.
Fahrerlaubnis-Gruppe 2:
Es besteht keine Fahrerlaubnis für die Fahrzeugklassen der Gruppe 2 wie Lkw oder Omnibusse.
Bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Schizophrenien werden häufig Psychopharmaka verabreicht, die eine dämpfende Wirkung haben (z. B. Antipsychotika). Diese Arzneimittel können die Reaktionszeit verlangsamen und die Fahrtauglichkeit einschränken. Solange die Wirkungen von Medikamenten noch nicht vollständig abgeklungen sind, besteht ein generelles Fahrverbot für alle Arten von Kraftfahrzeugen.
Depressionen
Personen mit sehr schwerer Depression oder in manischen Phasen dürfen kein Kraftfahrzeug führen. Erst wenn die Symptome abgeklungen sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder auftreten, ist das Fahren wieder erlaubt. Psychopharmaka mit dämpfender Wirkung können die Reaktionsfähigkeit verlangsamen und die Verkehrssicherheit beeinträchtigen. Betroffene sollten daher die Auswirkungen einer medikamentösen Behandlung auf das Fahrverhalten ärztlich abklären. Die Fahrtüchtigkeit müssen Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie regelmäßig bestätigen. Eine Fahrerlaubnis für die Gruppe 2 ist nur bei Symptomfreiheit möglich, die nach mehreren schweren depressiven oder manischen Episoden wahrscheinlich nicht mehr gegeben ist.
(Quelle: REHADAT-Wissen Depression)
Psychosen
In der akuten Phase einer Psychose ist das Führen von Kraftfahrzeugen nicht erlaubt, da die Realitätswahrnehmung stark beeinträchtigt ist. Nach Abklingen der akuten Symptome kann das Führen von Kraftfahrzeugen wieder erlaubt werden.
Ein Schlaganfall ist eine neurologische Erkrankung, die sehr unterschiedlich verlaufen kann. Mögliche Auswirkungen auf die Mobilität sind Halbseitenlähmung (Hemiparese), Gefühlsstörungen in den Gliedmaßen, Gleichgewichtsstörungen, Spastik oder Epilepsie. Auch Gesichtsfeldausfälle, Augenbewegungsstörungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen und damit verbundene Sprach- und Sprechstörungen (Aphasie) können auftreten. Eine Aphasie kann die Verständigung bei Verkehrskontrollen erschweren oder dazu führen, dass Verkehrsregeln nicht richtig interpretiert werden.
Das Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ist nach einem Schlaganfall in der Regel nicht erlaubt, wobei insbesondere bei Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern die individuellen Auswirkungen entscheidend sind.
Zum Nachweis der Fahreignung werden in der Regel ärztliche Gutachten von Neurologinnen und Neurologen mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, eine augenärztliche Untersuchung, technische Gutachten bei Fahrzeugumbauten sowie Fahrproben verlangt. Es wird empfohlen, die Begutachtung erst nach erfolgter Rehabilitation durchzuführen.
In Anlage 6 der Fahrerlaubnis-Verordnung ist geregelt, wann das Führen von Kraftfahrzeugen mit einer Seheinschränkung möglich ist.
Bei sehbehinderten Personen hängt die Fahrerlaubnis von der Schwere der Beeinträchtigung ab. Ein Sehtest kann die Sehschärfe ermitteln. Die Sehschärfe (auch Sehstärke oder Visus) beider Augen oder des besseren Auges muss 0,5 (50 Prozent) betragen.
Auch einäugige Menschen dürfen ein Auto fahren, sofern das Auge eine Sehschärfe von 0,5 hat. Bestimmte Geschwindigkeitsbegrenzungen (Landstraße: 80 km/h, Autobahn: 100 km/h) sind jedoch zu beachten.
Fahrerlaubnis-Gruppen
Bei bestimmten Arten der Beeinträchtigung wird nach der Art der geführten Fahrzeuge (Fahrzeugklasse) unterschieden. Es wird zwischen Gruppe 1 und Gruppe 2 unterschieden.
Fahrerlaubnis-Gruppe 1
Gruppe 1 umfasst die Fahrzeugklassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T. Dies sind Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen und Motorräder. Darunter fallen zum Beispiel Mopeds, Kraft- und Leichtkrafträder, Kraftfahrzeuge, land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen.
Fahrerlaubnis-Gruppe 2
Gruppe 2 umfasst die Fahrzeugklassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E, FzF (Lkw, Busse, Fahrzeuge zur Fahrgastbeförderung und mit Anhängern). Für die Gruppe 2 gelten strengere Auflagen, da die Unfallfolgen schwerer sind.