Neues zu Recht und Praxis
Informationen über neue gesetzliche Regelungen, Urteile und Entwicklungen zum Thema Autofahren mit Beeinträchtigung.
Gesetze und Urteile
Grundsätzlich ist das Tanken eine private Angelegenheit, die nicht unfallversichert ist. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat jedoch kürzlich entschieden (L 2 U 27/23, 11.12.2023), dass Unfallversicherungsschutz auch beim Tanken eines dienstlich genutzten Privatwagens bestehen kann. Wird ein privates Fahrzeug mit Zustimmung des Arbeitgebers betrieblich genutzt und auf dem Betriebsweg eine Tankstelle angefahren, greift die gesetzliche Unfallversicherung. Der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit ist in einem solchen Schutzfall in vollem Umfang nachzuweisen.
Das Europäische Parlament in Straßburg hat im April 2024 zugestimmt, dass Menschen mit Behinderungen einen europäischen Behinderten- und Parkausweis erhalten. Die EU-weit gültigen Ausweise garantieren den gleichberechtigten Zugang zu Sonderkonditionen wie ermäßigten Eintrittspreisen oder reservierten Parkplätzen.
Der neue Europäische Behindertenausweis wird von den zuständigen nationalen Behörden in jedem Mitgliedstaat in Kartenform kostenlos ausgestellt. Nach Möglichkeit wird es auch eine digitale Version geben. Nicht-EU-Bürger, die sich rechtmäßig in der Union aufhalten, können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ebenfalls den EU-Behindertenausweis erhalten.
Am 1. September 2023 ist die Neufassung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung in Kraft getreten. Eine wesentliche Neuerung ist, dass nach der digitalen Zulassung die Teilnahme am Straßenverkehr sofort möglich ist. Mit dem digitalen Zulassungsbescheid können Kfz-Fahrerinnen und Kfz-Fahrer bis zu zehn Tage ohne Fahrzeugdokumente und Plakette fahren.
Der internetbasierte Behördengang ist rund um die Uhr online möglich, sodass Wartezeiten entfallen, weniger Kosten anfallen und die Anmeldung auch von zu Hause erfolgen kann. Dies ist vor allem für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder gesundheitlichen Einschränkungen eine große Erleichterung.
Die Länder und Kommunen sind für die Umsetzung der Online-Fahrzeugzulassung verantwortlich. Die digitalen i-Kfz-Portale werden entsprechend auf i-Kfz Stufe 4 aufgerüstet. Weitere Informationen zum Verfahren sind auf den Internetseiten der zuständigen Zulassungsbehörde erhältlich.
Im März 2023 hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil (Aktenzeichen: B 9 SB 1/22 R, B 9 SB 8/21 R) den Zugang zu Behindertenparkplätzen für gehbehinderte Menschen erleichtert. Danach ist für die Zuerkennung des Merkzeichens aG und die Nutzung von Behindertenparkplätzen die Gehfähigkeit im öffentlichen Verkehrsraum maßgeblich. Kann sich der schwerbehinderte Mensch dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen, wird das Merkzeichen aG zuerkannt, wenn auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Mit dem Merkzeichen aG im Behndertenausweis erhält man den blauen EU-Parkausweis.
Das Europäische Parlament hat im Februar 2023 endgültig beschlossen, dass ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen verkauft und zugelassen werden dürfen. Dies gilt für alle Pkw und Kleintransporter bis 3,5 Tonnen mit Benzin- oder Dieselmotor. Allerdings gilt das Verbot nur für Neuwagen. Gebrauchte Benzin- und Dieselfahrzeuge dürfen weiterhin gefahren werden. Zu den emissionsfreien Fahrzeugen zählen Elektroautos und Fahrzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden. Mit dem EU-Beschluss wird der Umstieg auf Elektromobilität beschleunigt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe (AZ 2 ORbs 35 Ss 9/23) hat am 7. Februar 2023 auf Grundlage des Paragrafen 23 (1c) der Straßenverkehrsordnung (StVO) entschieden, dass ab sofort auch Beifahrende die Fahrerinnen und Fahrer nicht mit einer Blitzer-App vor Radarkontrollen warnen dürfen. Ein Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit dar.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeit nicht nur von der Wohnung, sondern auch von einem dritten Ort aus besteht. Allerdings muss der Aufenthalt an diesem dritten Ort mindestens zwei Stunden gedauert haben (siehe BSG, 30.01.2020: Aktenzeichen B 2 U 2/18 R und B 2 U 20/18).
Kommentare zu Teilhabe und Mobilität
Der Beitrag kommentiert ein Urteil des LSG Berlin-Brandenburg, in dem um die Kostenerstattung für die Beschaffung eines Kraftfahrzeuges nach § 83 SGB IX gestritten wurde. Es wird kritisiert, dass der Kläger auf die Nutzung des ÖPNV und des Telebusses, eines speziellen Fahrdienstes des Landes Berlin, verwiesen wurde, ohne die tatsächlichen Barrieren bei der Erreichung der Teilhabeziele zu berücksichtigen.