Urteil
Kfz-Hilfe für behindertengerechte Zusatzausstattung (Fahrersitz) - Erwerbsunfähigkeit

Gericht:

LSG Bayern


Aktenzeichen:

L 13 R 4247/04


Urteil vom:

25.01.2006


Tenor:

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 28. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Kraftfahrzeug(Kfz)-Hilfe.

Die Klägerin arbeitete nach drei Bandscheiben-Operationen und einer Arbeitsunfähigkeit seit 1993 zuletzt vom 01.01.1995 bis zum Eintritt ihrer andauernden Arbeitsunfähigkeit am 29.08. 1995 als Büroangestellte. Den am 13.09.1993 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.05.1994/Widerspruchsbescheid vom 05. 01.1995 zunächst ab, anerkannte aber am 29.03.1996 im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Mannheim (Az.: S 3 RA 145/95) Erwerbsunfähigkeit auf Zeit. Am 18.04.1995 stellte die Klägerin bei der AOK H. (weitergeleitet an die Beklagte) einen Antrag auf behinderungsbedingte Zusatzausstattung (besonderer Fahrersitz) für ihren BMW 320. Am 12.11.1995 verlangte die Klägerin mit Formblattantrag (Eingang 23.11.1995) von der Beklagten Hilfe zur Beschaffung eines gebrauchten Kfz. Bereits am 06.11.1995 hat sie den Vertrag über den Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges der Marke VW-Golf CL mit Automatikgetriebe, Baujahr 1993 (Kaufpreis von 23.900,00 DM, Mehrpreis von 1.925,00 DM für ein Automatikgetriebe) unterschrieben. Unmittelbarer Anlass der Abmeldung des bereits vorhandenen Kfz (BMW) am 09.11.1995 waren die Folgen eines Unfalls im April 1995. Zur weiteren Begründung trug die Klägerin vor, dass eine 4. Bandscheibenoperation anstehe, sie danach aber wieder arbeiten wolle und deswegen ein Kfz benötige.

Nach Abgabe eines Teilanerkenntnisses im Streit um die Erwerbsunfähigkeitsrente am 29.03.1996 wies die Beklagte mit Bescheid vom 06.05.1996 den Antrag auf Hilfe zu den Anschaffungskosten zurück, weil es an den persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 2 SGB VI fehle. Die bereits vorhandene Erwerbsminderung lasse sich durch die Kfz-Hilfe nicht beseitigen. Nach den Ermittlungen der Beklagten stand die Klägerin ab 01.01.1995 in einem bis zum 30.06.1996 befristeten Beschäftigungsverhältnis in Teilzeit (fünf Stunden täglich) bei der Firma L. GmbH & CO KG, N ... Arbeitsunfähigkeit lag vom 13.3. bis 13.04.1995, 10.07. bis 04.07.1995, 07.07.1995 und ab 29.08.1995 auf Dauer vor. Am 16.05.1995 erfolgte eine ambulante Untersuchung in einem Rehabilitationskrankenhaus. Am 26.09.1995 verschlechterte sich nach einem später vorliegenden Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. S. vom 16.02.1996 an das SG Mannheim der Gesundheitszustands erheblich.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, ohne ihn näher zu begründen. Am 27.09.1996 übersandte ein Kfz Händler
(Autohaus L.) der Beklagten eine an die Klägerin gerichtete Rechnung vom 26.09.1996 in Höhe von 30.260,71 DM über einen Neuwagens VW-Golf Automatik, Erstzulassung September 1996, den die Klägerin am 20.08.1996 verbindlich bestellt hatte. Am 28. 02.1997 wies die Beklagte den Widerspruch ebenfalls wegen Fehlens der persönlichen Voraussetzungen zurück.

Mit ihrer hiergegen zum Sozialgericht Mannheim erhobenen und durch dessen Beschluss vom 14.05.1997 an das Sozialgericht Würzburg (SG) verwiesenen Klage hat die Klägerin vorgebracht, dass ihr Kfz-Hilfe zugesichert worden sei und sie in der Zeit der Antragstellung noch gearbeitet habe. Die Rentenzahlung sei erst ab 01.12. 1995 erfolgt. Sie hat des weiteren eine Bescheinigung des Autohauses L. vom 20.02.1997 vorgelegt, wonach von einer Mitarbeiterin der LVA am 26.09.1996 bestätigt worden sei, dass die Fahrzeugrechnung und eine Kopie des Kfz Briefes an diese zugesandt werden solle, damit die Rechnung beglichen werde. Dies sei Bedingung für die Zulassung des Kfz gewesen.

Dagegen hat die Beklagte eingewandt, dass der spätere Leistungsbeginn zum 01.12.1995 nach dem Versicherungsfall vom 31.05. 1995 auf rechtlichen Gegebenheiten beruhe und nicht auf einer Aussparung der Rente wegen einer Rehabilitationsleistung der Kfz-Hilfe. Die geminderte Erwerbsfähigkeit habe durch eine derartige Leistung nicht mehr abgewendet werden können, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Kfz-Hilfe bereits Erwerbsunfähigkeit vorgelegen habe. Im Übrigen habe sich die Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung selbst für erwerbsunfähig gehalten, andernfalls hätte sie kein Klageverfahren gegen die Rentenablehnung betrieben.

Demgegenüber behauptet die Klägerin, dass nach § 10 SGB VI auch dann geleistet werden könne, wenn eine bereits bestehende geminderte Erwerbsfähigkeit gebessert werden könne. Hier habe die Minderung der Erwerbsfähigkeit darin bestanden, dass die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung den Arbeitsplatz nicht zumutbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln habe erreichen können. Sie hat weiter vorgetragen, die Beklagte habe ihr nach Ablehnung des ersten Antrags auf Kfz-Hilfe telefonisch mitgeteilt, sie werde beim Kauf eines Neuwagens einen Zuschuss i.H.v. 18.000,00 DM zu den Anschaffungskosten erhalten. Bevor sie am 20. 08.1996 den Kaufvertrag für den VW-Golf unterschrieben habe, habe der Verkäufer des Autohauses (Herrn F.) auf ihre Bitte in ihrer Gegenwart bei der Beklagten angerufen und eine Bestätigung der Kostenzusage eingeholt. Zur Person des Gesprächspartners bei der Beklagten hat die Klägerin zunächst am 11.03.1997 erklärt, das Telefonat sei mit der BfA- Mitarbeiterin H. geführt worden. Am 09.01.2004 bekundete sie, Herr F. habe mit dem BfA- Mitarbeiter V. telefoniert.

Durch Urteil vom 28.07.2004 hat das SG nach Beiziehung der Aktenvorgänge des Sozialgerichts Mannheim die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Kfz-Hilfe scheitere in der Zeit bis zum 30.06.1998, dem Ablauf der Zeitrente, am Fehlen der weiteren persönlichen Voraussetzungen im Sinne von § 10 Nr. 2 b SGB VI. Die Klägerin sei nach den Gutachten des Dr. R. vom 29.04. 1998 und des Prof. Dr. H. vom 15.03.1999 in der Zeit vom 31.05. 1995 bis 30.06.1998 erwerbsunfähig gewesen. Obwohl ihr seit der Antragstellung stets ein Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe, sei dennoch die geminderte Erwerbsfähigkeit nicht wesentlich gebessert oder gar wiederhergestellt worden. Die beantragte Kfz-Hilfe habe sich damit als ungeeignet erwiesen, das in § 10 Nr. 2 b SGB VI vorgegebene Rehabilitationsziel zu erreichen. Für die Zeit nach dem 30.06.1998 komme eine Leistung wegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV) nicht in Betracht, weil sie vom 15.11.1999 bis 04. 05.2000 nur kurzfristig eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Im Übrigen habe sie nicht geltend gemacht, während dieses Beschäftigungsverhältnisses auf die Benutzung eines Kfz angewiesen gewesen zu sein, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Darüber hinaus wären nach dem Wegfall der Erwerbsunfähigkeit zum 01.07.1998 bereit die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Nr. 1 SGB VI zu verneinen gewesen. Eine Zusage im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X liege auf keinen Fall vor, weil sie zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedurft hätte und ein solches Schriftstück nicht existiere.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und damit begründet, sie sei in der Zeit vom 31.05.1995 bis 30.06.1998 nicht der Lage gewesen, einer beruflichen Tätigkeit vollschichtig nachzugehen. Damit sei die erforderliche Minderung der Erwerbsfähigkeit gegeben gewesen. Die Rente sei erst rückwirkend zuerkannt worden, der Antrag auf Kfz-Hilfe zeitlich zuvor gestellt worden. Wiederholt wird die Behauptung, dass eine Zusicherung vorliege, an welche die Beklagte auch bei Fehlen bestimmter Formvorschriften zumindest nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 28.07.2004 sowie des Bescheides vom 06.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.1997 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 08.11.1995 auf Kfz-Hilfe neu zu verbescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass auch die von der Klägerin behauptete telefonische Zusage über die Gewährung von Kfz-Hilfe nicht zu einer Leistungsverpflichtung führen könne, da mündliche Zusicherungen zur Rechtswirksamkeit der Schriftform bedürften. Im Übrigen sei eine telefonische Kostenzusage durch die Mitarbeiterin Frau H. ausgeschlossen, da diese zu dem angegebenen Termin aufgrund nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit nicht im Dienst gewesen sei. Der von der Klägerin zweitbenannte Mitarbeiter Herr V. sei zwar in der fraglichen Zeit bei der Beklagten beschäftigt gewesen, allerdings finde sich in den Akten kein Vermerk über die angeblich erteilte telefonische Zusage hinsichtlich einer Leistungsgewährung in Höhe von 18.000,00 DM.

Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 136 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Mannheim (S 3 RA 145/95) sowie der Klageakte Bezug genommen.

Rechtsweg:

SG Würzburg Urteil vom 28.07.2004 - S 12 RA 179/00

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt ( §§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) entscheiden. Die Beteiligten sind damit nach Anhörung einverstanden gewesen.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des SG und der Bescheid der Beklagten vom 06.05.1996 sowie der Widerspruchsbescheid vom 28.02.1997 sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Rehabilitationsleistung zu erbringen. Der Versicherte hat, weil der Beklagten bei der Anwendung der Vorschriften zur Kfz- Hilfe als berufsfördernder Leistung zur Rehabilitation, ein Handlungs- und Auswahlermessen zusteht, keinen Anspruch auf eine bestimmte Leistung (§ 54 Abs. 4 SGG), sondern nur Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I), dies aber auch nur und erst dann, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Ermessensbetätigungspflicht vorliegen. Dabei ist der Rechtsanspruch mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG durchzusetzen (sogenannte Verpflichtungsbescheidungsklage, BSG SozR 3-5765 § 10 Nr. 3 S. 16 m.w.N.).

Beim Gegenstand der beanspruchten Leistung handelt es sich dabei weiter ausschließlich um die Bezuschussung des im November 1995 erworbenen Kfz. Der später im August 1996 von der Klägerin gekaufte Neuwagen war weder Gegenstand ihres Antrags im Verwaltungsverfahren noch der Entscheidung der Beklagten. Zu seiner Einbeziehung hätte es einer Klageänderung bedurft, da insoweit kein Fall der Ersetzung der ursprünglich geforderten Leistung (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG) vorliegt. Eine derartige Änderung ist nach den gestellten Klageanträgen bzw. den Einlassungen der Beklagten (Einlassung vom 08.07.1997) nicht erfolgt und wäre auch nicht sachdienlich, da darüber jegliches Verwaltungsverfahren fehlt und der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt würde. Denn die von der Klägerin beanspruchte Leistung erschöpft sich in der einmaligen Bewilligung eines Zuschusses. Seiner Rechtsnatur nach ist dieser in seinen rechtlichen Wirkungen nicht auf Dauer ausgerichtet, womit nicht der Sachverhalt zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung mit all seinen dazwischen erfolgten Änderungen maßgeblich ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der das Versicherungsverhältnis gerade durch die Beklagte gestaltenden Entscheidung im Rahmen des Handlungs- bzw. Auswahlermessen über die Notwendigkeit einer konkreten Leistung.

Die Ausführungen im Tatbestand des Urteils über zeitlich nachfolgende Ereignisse (zweiter Erwerb eines Kfz) lassen im Übrigen auch nicht darauf schließen, dass das SG eine zulässige, sachdienliche Klageänderung angenommen hat.

Der Umstand, dass die Klägerin das zu bezuschussende Fahrzeug noch vor Antragstellung beschafft hat, bewirkt keine Klageänderung, etwa im Sinne eines Kostenerstattungsanspruchs, sondern stellt lediglich eine Ergänzung der tatsächlichen Ausführungen im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG dar. Er beeinflusst allerdings, wie sich später zeigen wird, in der Sache die Entscheidung über das Handlungsermessen.

Ein Recht der Klägerin auf Bezuschussung des im November 1995 erworbenen Kfz besteht nicht. Wie die Beklagte in der Eingangsprüfung in tatsächlicher Hinsicht richtig festgestellt hat, und es von den rechtlichen Voraussetzungen einer Rehabilitationsleistung her erforderlich ist, erfolgte zunächst - mit richtigem Ergebnis - die Feststellung, ob die gesetzlichen Rehabilitationsziele (§ 10 Nr 2 SGB VI) im Falle der Klägerin durch Geldleistungen der Kfz-Hilfe voraussichtlich zumindest gefördert werden könnten.

Die Träger der Rentenversicherung bestimmen im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach pflichtgemäßem Ermessen Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung (vgl. § 13 Abs. 1 SGB VI). Der Ausübung des Auswahlermessen geht eine Eingangsprüfung im Sinne eines Handlungsermessen voraus, dessen Voraussetzungen durch die Aufgabe der Rehabilitation, für die der Rentenversicherungsträger zuständig ist, beschrieben sind. Nach § 9 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um dann im einzelnen genannte Zwecke zu bewirken. Dazu müssen persönliche (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtliche Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) erfüllt werden. Erst dann ist der Rehabilitationsträger zur pflichtgemäßen Auswahl der Rehabilitationsleistung verpflichtet.

Nach § 10 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 92) erfüllen nur Versicherte die persönlichen Voraussetzungen, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder der Eintritt von Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.

Die angeführten Vorschriften sind die zutreffende Rechtsquelle der von der Klägerin beanspruchten Leistung. Über die rechtlichen Voraussetzungen ist nach Maßgabe jener Rechtsvorschriften zu entscheiden, die zu dem Zeitpunkt gegolten haben, als die konkrete Leistung notwendig geworden ist (vgl. BSG BSGE 53, 229, 231 f.). Damit ist nicht der Rechtszustand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich, als bereits § 10 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-RefG) ab 01.01.2001 galt bzw. das SGG IX mit Wirkung ab 01.08.2001. Zu diesem Ergebnis gelangt im Übrigen auch § 301 Abs. 1 SGB VI, wonach für Leistungen zur Rehabilitation bis zum Ende der Leistungen die Vorschriften weiter anzuwenden sind, die im Zeitpunkt der Antragstellung oder, wenn den Leistungen ein Antrag nicht vorausging, der Inanspruchnahme galten.

Damit kommt die Klägerin bei ihrem Fahrzeugkauf nicht in den Genuss der durch das EM-RefG vorgenommenen Erweiterung des berechtigten Personenkreises, wonach auch Versicherte Leistungen erhalten, bei denen trotz schon bestehender teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch berufsfördernde Leistungen erhalten werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 2c SGB VI der Fassung des EM-RefG). Diese neu eingeführte Alternative des § 10 Abs. 1 SGB VI bewirkt, dass Leistungen zur Rehabilitation auch bei leistungsgeminderten Versicherten und einem teilweise aufgehobenen Erwerbsvermögen noch erbracht werden können, wenn davon auszugehen ist, dass diese noch einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen können und dadurch zwar eine die Rentenzahlung vermeidende wesentliche Besserung ihrer Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Rehabilitation nicht zu erwarten ist, aber durch Leistungen zur Rehabilitation der bisherige, ggf. zu einem Teilzeitarbeitsplatz umgestellte Arbeitsplatz erhalten werden kann. Damit sind auch keine weiteren Ermittlungen zum Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin bzw. ihrer tatsächlichen Arbeitsausübung in den Jahren 1995 und 1996 erforderlich.

Durch die Leistungen einer Kfz-Hilfe im November 1995 konnte - wie die Beklagte zurecht festgestellt hat - die bereits mit Versicherungsfall vom 31.05.1995 bei der Klägerin eingetretene Erwerbsunfähigkeit aus prognostischer Sicht zum damaligen Entscheidungszeitpunkt nicht abgewendet werden. Der Leistungsbeginn der Versichertenrente erst zum 01.12.1995 - zeitlich nach der Antragstellung - beruht auf der Befristung von Zeitrenten (§§ 102 Abs. 2, 101 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des RRG 92) und ändert nichts am Zeitpunkt der Erwerbsminderung. Die Rechtmäßigkeit der angeführten Prognose im Sinne der Feststellung einer hypothetischen Tatsache des voraussichtlichen Erfolgs einer Rehabilitationsmaßnahme bestimmt sich im Übrigen nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, des Widerspruchsbescheides vom 28.02.1997, und damit auf jeden Fall auch schon zur Zeit der Rentenzahlung. Die Klägerin wäre auch bei Gewährung einer Kfz-Hilfe nicht im Stande gewesen, einer konkreten Teilzeittätigkeit bzw. überhaupt einer rechtlich relevanten Tätigkeit nachzugehen.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den vom Sozialgericht Mannheim eingeholten Befundberichten des Dr. S. vom 04.05.1995 und vom 16.02.1996, dem Bericht des Rehabilitationskrankenhauses K. sowie später aus dem von der LVA Unterfranken eingeholten Gutachten des Dr. R. vom 29.04.1998. Insbesondere nach dem zeitnahen Bericht des Dr. S. vom 16.02. 1996 zeigte sich, dass am 16.10.1995 im Vergleich zur Voruntersuchung vom 05.04.1995 eine unverändert deutlich schmerzhaft eingeschränkte Wirbelsäulenbeweglichkeit mit Fußheberschwäche und eine massive Verschlechterung durch das Auftreten einer neurologischen Symptomatik ab dem 26.09.1995 vorlagen. Schon im Bericht vom 04.05.1995 hat Dr. S. die vollschichtige Durchführung von körperlich leichten Tätigkeiten für nicht zumutbar gehalten. Dies galt nach den zutreffenden Ausführungen selbst für leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel aus Sitzen und Stehen. Im Übrigen schließt sich der Senat den zutreffenden Feststellungen der Beklagten in ihrem Teilanerkenntnis eines Leistungsfalles vom 31.05.1995 an, wonach kein vollschichtiges Arbeitsvermögen mehr bestanden hat. Schließlich hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung am 07. 11.1995 aufgrund ihrer andauernden Arbeitsunfähigkeit keinen konkreten Arbeitsplatz mehr inne, auch wenn das Beschäftigungsverhältnis noch weiter bestanden hat.

Entgegen der Behauptung der Klägerin, bestand ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht darin, dass sie aufgrund ihrer Behinderung (nicht wegen der von der Ortsgemeinde bestätigten ungünstigen Verkehrsverhältnisse) den Arbeitsplatz nicht zumutbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln habe erreichen könne. Zwar kann die Behebung einer Erwerbsunfähigkeit eintreten, wenn der Rentenversicherungsträger durch geeignete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl §§ 9 ff. SGB VI) eine ausreichende Mobilität des Versicherten herstellt ( vgl. BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 10). Ob ein derartiger Versicherungsfall der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes nach der konkrete Betrachtungsweise wegen der Unmöglichkeit des Erreichens des Arbeitsplatzes vorgelegen hat, kann letztlich dahingestellt bleiben. Die Notwendigkeit ständig wechselnder Körperhaltung sowie die durch die Schmerzhaftigkeit eingeschränkte Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht wäre durch eine Hilfe zum Erreichen des Arbeitsplatzes nicht beseitigt worden. Besonders aus dem Bericht von Dr. S. vom 04.05.1995 ergibt sich als im Vordergrund stehend die Unmöglichkeit der Durchführung selbst einer leichten körperlichen Tätigkeit.

Im Ergebnis ist damit die Beklagte wegen Fehlens der persönlichen Voraussetzungen bzw. des Rehabilitationszwecks nicht verpflichtet, eine Auswahl der möglichen Rehabilitationsleistungen vorzunehmen, wie es § 16 f. Nr. 1 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (anzuwenden gemäß § 301 SGB VI) als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation vorsieht, insbesondere Leistungen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes unter anderem durch Kraftfahrzeughilfe. Eine derartige Ermessensausübung in der Auswahl der Rehabilitationsmöglichkeiten wird aber hier auch deshalb verhindert, weil die Kfz-Hilfe nicht rechtzeitig vor Abschluss des Kaufvertrages (§ 10 KfzHV) beantragt und der Bedarf vorzeitig selbst befriedigt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG steht Kfz-Hilfe - außer in atypischen (Eil-)Fällen - von vornherein nicht zu bzw. hat es rechtsvernichtende Wirkung, wenn der Rehabilitationsbedarf bereits vor Eingang des Antrages beim Rehabilitationsträger selbst befriedigt worden ist. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich allein nach dem Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses, weil hierdurch mit Rechtsverbindlichkeit über Art und Güte des Bedarfsgegenstandes verfügt und das Kfz beschafft wird (vgl. BSG SozR 3-5765 § 10 Nr. 3; SozR 3-5765 § 3 Nr. 2). Dies trifft auf beide Erwerbsvorgänge der Klägerin zu. Zu dieser Feststellung wird wegen Einzelheiten auf die Ausführungen im Tatbestand Bezug genommen. Insbesondere bezog sich der Antrag auf behindertengerechte Zusatzausstattungen, der vor dem Kauf des Gebrauchtwagens gestellt worden ist, nicht auf die Bezu-schussung eines gebrauchten Fahrzeugs. Dieses ist, wenn es sich auch nur um wenige Tage handelt, vor der Antragstellung angeschafft worden.

Ein Recht auf Leistung kann die Klägerin auch nicht auf eine Zusicherung stützen. Hinsichtlich der Darstellung der rechtlichen Gegebenheiten und der Tatsachenfeststellung eines Fehlens eines solchen Schriftstücks wird insoweit auf das Urteil des SG Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 SGG). Daher bedurfte es schon aus rein rechtlichen Erwägungen heraus, dem fehlenden Formerfordernis einer schriftlichen Zusage, keiner Einvernahme von Zeugen.

Die am 01.10.1987 in Kraft getretene Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation
(Kraftfahrzeughilfeverordnung - KfzHV) enthält keine eigenständigen Voraussetzungen für die Betätigung des Handlungsermessens; vielmehr kann der Rentenversicherungsträger Kfz-Hilfe - als Ermessensleistung - nur bewilligen, wenn die Voraussetzungen der §§ 9 ff. SGB VI in der hier gemäß § 301 SGB VI anwendbaren, bis 31.12.2000 geltenden Fassung vorliegen. Die KfzHV begrenzt lediglich das Ermessen des jeweils Trägers der Rehabilitation. Hier ist aber schon nicht die Beklagte, sondern die Klägerin selbst bzw. der Sozialhilfeträger für die allein eventuell noch gegebene soziale Integration zuständig.

Weitere Rechtsgrundlagen, auf die sich die Klägerin berufen könnte, sind ebenfalls nicht ersichtlich. So kommt ein sekundärer Kostenerstattungsanspruch nicht in Betracht. Mangels zeitlicher Geltung des SGB IX, kommt dessen § 15 SGB IX nicht in Betracht. Aber auch für die 1995 entsprechend anwendbare Vorschrift des § 13 Abs. 3 SGB V war kein Raum. Die Beklagte hat nicht zu Unrecht eine Leistung abgelehnt. Ebensowenig lag der Fall so, dass der Versicherungsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte und die Klägerin auf Selbsthilfe angewiesen war (§ 13 Abs. 3 1. Alternative SGB V). Die Klägerin hatte den Zuschuss ohne dass materiellrechtliche Erfordernis der vorangehenden Antragstellung erst geltend gemacht, als sie zivilrechtlich den Aufwand bereits verursacht hatte. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab dem Zeitpunkt des Antrags war die Leistung auch bis zu einer späteren Entscheidung der Beklagten aufschiebbar. Das Leistungsvermögen war bereits zu diesem Zeitpunkt stark reduziert. Hinzukommt, dass auch nach § 13 SGB V nur die notwendige Leistung erbracht wird. Ein Fehler der Beklagten sowohl in der sachlichen wie in der zeitgerechten Bearbeitung des 1995 gestellten Antrags ist nicht ersichtlich. Für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist kein Raum.

Kosten sind nicht zu erstatten. Die Klägerin ist unterlegen (§ 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Referenznummer:

R/R2523


Informationsstand: 11.09.2006