Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel ist zu Recht ergangen.
Das ursprünglich auf Sachleistung ausgerichtete Begehren des Klägers ist nunmehr in einen Anspruch auf Kostenerstattung umgewandelt, da der Kläger die geltend gemachte Umrüstung seines
Kfz Anfang des Jahres 2004 hat vornehmen lassen. Maßgeblich für den Kostenerstattungsanspruch ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Umrüstung. Rechtsgrundlage ist § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V in der Fassung durch das
GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I,
S. 2189), das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist. Nach dieser Vorschrift ist die Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, sofern sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Eine entsprechende Regelung enthält
§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX. Die Voraussetzungen beider Vorschriften sind vorliegend nicht erfüllt, da die allein in Betracht kommende Alternative "zu Unrecht abgelehnte Leistung" hier nicht gegeben ist. Wie das Sozialgericht Kassel in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht erkannt hat, bestand kein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Versorgung mit der von ihm geltend gemachten behindertengerechten Ausstattung seines
Kfz. Den geltend gemachten Maßnahmen kommt im konkreten Fall nicht die Eigenschaft eines Hilfsmittels im Sinne von § 33
SGB V zu.
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung ab 1. Januar 2004 (
s. o.), sieht für Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken (orthopädischen und anderen Hilfsmitteln) vor, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4 ausgeschlossen sind. Zudem müssen die Leistungen nach § 33
SGB V wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§§ 2
Abs. 1 Satz 1, 12
Abs. 1
SGB V).
Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Alternative des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V "Ausgleich einer Behinderung" liegen nicht vor. Gegenstand des Behinderungsausgleichs sind zunächst solche Hilfsmittel, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet sind, also zum unmittelbaren Ersatz der ausgefallenen Funktionen dienen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werden darüber hinaus auch solche Hilfen erfasst, die die direkten und indirekten Folgen der Behinderung ausgleichen; diese Hilfen müssen dann aber die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigen oder mildern und damit ein "Grundbedürfnis" des täglichen Lebens betreffen (
vgl. zuletzt
BSG, Urteil vom 16. September 2004 -
B 3 KR 15/04 R, Die Leistungen Beilage 2005, 16, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des 3. und 8. Senats des
BSG). Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören dabei - so das Bundessozialgericht - das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, (elementare) Körperpflege, selbständiges Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums.
Richtig ist das Vorbringen des Klägers, dass der Wortlaut des § 33
SGB V selbst eine Differenzierung nach "Grundbedürfnissen" nicht enthält. Der Senat hält diese Differenzierung
bzw. Auslegung der Vorschrift durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts indes für zutreffend, da diese sich nach dem Zweck des Behinderungsausgleichs und vor allem auch nach der Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ausrichtet. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Gewährleistung der medizinischen Rehabilitation. Sie ist zuständig für Maßnahmen, die bei der medizinischen Bekämpfung der Krankheit oder der Behinderung selbst ansetzen, nicht aber bei deren Folgen auf beruflichem, gesellschaftlichem oder privatem Gebiet; für derartige Bedürfnisse, die über die Befriedigung der genannten Grundbedürfnisse hinausgehen, sind
ggf. andere Sozialleistungsträger zuständig.
In Kenntnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Bereich der Hilfsmittelversorgung hat der Gesetzgeber nunmehr in der zum 1. Juli 2001 neu in Kraft gesetzten Vorschrift
§ 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX ausdrücklich die Hilfsmittelversorgung im Rahmen des Behinderungsausgleichs auf die "Befriedigung von Grundbedürfnissen" beschränkt und den Hilfsmittelbegriff nunmehr für alle Träger von Leistungen der medizinischen Rehabilitation einheitlich definiert. Selbst wenn der Vorrang abweichender Regelungen für den einzelnen Rehabilitationsträger weiterhin besteht (
§ 7 SGB IX), kann aus der insoweit unberührt gebliebenen Fassung des § 33
SGB V nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe nunmehr den Behinderungsausgleich durch die gesetzliche Krankenversicherung über die bisherige Rechtsprechung hinaus ausweiten wollen (
BSG, Urteil vom 16. September 2004, a.a.O.; Urteil vom 26. März 2003 -
B 3 KR 23/02 R -, NZS 2003, 660).
Die behindertengerechte Ausstattung des
Kfz des Klägers ist kein Hilfsmittel im Sinne des § 33
Abs. 1 Satz 1 3. Alt.
SGB V, da der Kläger diese nicht zur Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens benötigt. Das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis "Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums" ist im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst auf die Entfernungen beschränkt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt oder um die - üblicherweise - im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (
BSG, Urteil vom 16. September 2004, a.a.O.). Dazu gehört somit nicht das von dem Kläger in den Vordergrund gestellte Bedürfnis, seinen Ehrenämtern und Freizeitbeschäftigungen auch außerhalb seines Wohnortes nachgehen zu können. Für die Erschließung des Nahbereiches ist er aber auf die Benutzung eines
Kfz bzw. auf die behindertengerechte Ausstattung seines
Kfz nicht angewiesen. In seiner Berufungsbegründung hat der Kläger hervorgehoben, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne in seinem Fall keine Anwendung finden, da er selbst im Gegensatz zu den Klägern, über deren Begehren höchstrichterliche Entscheidungen vorlägen, nicht über einen Rollstuhl verfüge. In den bisher höchstrichterlich entschiedenen Fällen zum Umfang der Hilfsmittelversorgung handelte es sich indes jeweils um Kläger, die weder stehen noch gehen konnten und auf den ständigen Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen waren. Teilweise war den Betreffenden selbst die eigenständige Benutzung eines zur Verfügung gestellten Rollstuhls mit Elektromotor nicht möglich. Der Kläger ist nach der von ihm im Verfahren vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahme durch
Dr. v. F. vom 27. Juli 1999 insbesondere durch Funktionseinschränkungen des rechten Beines erheblich gehbehindert. Ihm ist daher der Nachteilsausgleich "G" zuerkannt worden und damit der Anspruch auf eine unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr (
vgl. §§ 145
ff. SGB IX). Die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "aG",
d. h. eine außergewöhnliche Gehbehinderung, lassen sich nach den Ausführungen der Ärztin nicht feststellen. Auch nach seinem eigenen Vortrag ist der Kläger in der Lage, mittels der ihm von der Beklagten bewilligten orthopädischen Schuhe und unter Zuhilfenahme eines Stocks Wege zu Fuß zurückzulegen. So kann er vom Parkplatz aus einen Einkaufsmarkt zu Fuß besuchen, mittels eines Einkaufswagens die Einkäufe in dem Markt erledigen und anschließend in seinen Pkw verladen; auch Treppensteigen ist dem Kläger möglich. An der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist er auf Grund seiner körperlichen Konstitution nicht gehindert. Unberücksichtigt muss in diesem Zusammenhang bleiben, dass der Kläger im ländlichen Bereich lebt und nach seinen Angaben an seinem Wohnort Busse nicht verkehren. Die Besonderheiten des Wohnortes können für die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich sein. Insoweit handelt es sich nicht um Erfordernisse des allein zu berücksichtigenden Bedarfs auf Grund von Funktionseinschränkungen. Dies gilt selbst dann, wenn im Einzelfall die Stellen der Alltagsgeschäfte (Einkaufsmärkte, Ärzte, Therapeuten) nicht im Nahbereich der Wohnung liegen, also dafür längere Strecken zurückzulegen sind, die die Kräfte des Behinderten - auch bei Mobilitätshilfen - möglicherweise übersteigen (
BSG, Urteil vom 16. September 1999 -
B 3 KR 8/98 R - , NZS 2000, 296).
Selbst wenn Mobilitätshilfen für die ausreichende Bewegungsfreiheit des Klägers im Nahbereich erforderlich wären, so hat der Kläger gemäß § 12
SGB V unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf die geltend gemachte behindertengerechte Ausstattung seines
Kfz und damit die Ermöglichung des eigenständigen Führens eines
Kfz. Nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung würde die Beklagte den Kläger bei entsprechender Antragstellung mit einem Rollstuhl versorgen. Angesichts der noch vorhandenen körperlichen Fähigkeiten des Klägers - es liegen keine Funktionseinschränkungen der Arme und Hände sowie des Schulterbereichs vor - ist die Versorgung mit einem handbetriebenen Rollstuhl
bzw. mit einem Standard-Rollstuhl mit Schubhilfe denkbar. Derartige Hilfsmittel sind in jedem Fall kostengünstiger als die von dem Kläger begehrte Umrüstung des
Kfz; je nach dem, ob die Versorgung aus Lagerbeständen erfolgt oder ein neuwertiges Hilfsmittel beschafft werden muss, fallen nach dem Vortrag der Beklagten Kosten in Höhe von 75, 00
EUR (mit Schubhilfe 208,80
EUR) bis 530,00
EUR an. Auch ein E-Fahrer würde nach dem Vortrag der Beklagten eingelagert nur 180,00
EUR kosten.
Der Kläger gehört gerade nicht zu dem Personenkreis, bei dem das Erschließen eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus erforderlich ist, weil zusätzliche qualitative Momente vorliegen. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann der Fall, wenn die Notwendigkeit medizinischer Intensivbehandlung besteht (dies ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich), bei Kindern und Jugendlichen der Integrationsprozess gefördert werden muss (
vgl. BSG, Urteil vom 16. September 1999, a.a.O.) oder eine außergewöhnlich schwere Behinderung vorliegt (
vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1990 -
3/8 RK 16/87 - zu dem Fall einer kompletten Querschnittslähmung mit der Folge eines vollständigen Ausfalls der motorischen Funktion aller vier Gliedmaßen des Rumpfes, der Hautsensibilität in den gelähmten Körperpartien, der willkürlichen Steuerung der Blasen- und Mastdarmtätigkeit sowie aller Muskelgruppen unterhalb des Halsbereiches mit Ausnahme des Zwerchfelles). Der Senat hält die Differenzierung durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch insoweit für zutreffend, als diese - wie es § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V ausdrücklich verlangt - auf die Erforderlichkeit "im Einzelfall" abstellt.
Die von dem Kläger beanstandete Begrenzung der Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung im Hilfsmittelbereich verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen aus
Art. 3
Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (
GG). Aus dieser Verfassungsnorm ergeben sich keine weitergehenden Leistungsansprüche bei der Hilfsmittelversorgung (
BSG, Urteile vom 16. September 2004 und vom 26. März 2003, jeweils a.a.O.). Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem objektiv-rechtlichen Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilnahme behinderter Menschen hinzuwirken; dieser auch nach Inkrafttreten des
SGB IX fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet indes keine konkreten Leistungsansprüche und damit kein einklagbares subjektives Recht des Einzelnen auf eine bestimmte Hilfsmittelversorgung. Durch die Verfassungsnorm sollen der staatlichen Gewalt insoweit engere Grenzen vorgegeben werden, als die Behinderung zum einen nicht zum Anknüpfungspunkt für eine benachteiligende Ungleichbehandlung dienen darf; zum anderen soll durch die öffentliche Gewalt kein Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten gegeben sein (
BSG, Urteil vom 16. September 2004, a.a.O.). Der Kläger wird aber nicht durch die öffentliche Gewalt, sondern allein durch seine Behinderungen von bestimmten Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen, die eine gesunde Person hat.
Da im konkreten Fall des Klägers die behindertengerechte Umrüstung seines
Kfz nicht Hilfsmittel im Sinne des § 33
SGB V ist, brauchte das Gericht der Beweisanregung des Klägers zur Einholung eines medizinischen technischen Gutachtens nicht nachzugehen, was dann in Betracht gekommen wäre, wenn die Umrüstung als Hilfsmittel anzuerkennen gewesen wäre und die Frage relevant geworden wäre, ob der Kläger auf seinen alten - umgerüsteten - PKW aus wirtschaftlichen Gründen zu verweisen gewesen wäre (
vgl. § 31
Abs. 2
SGB IX).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 160
Abs. 2 Nrn. 1 und 2 nicht vorgelegen haben.