Streitig ist die Übernahme von Anschaffungs- und Einbaukosten für einen Pkw-Schwenksitz als Leistung aus der privaten Pflegeversicherung.
Der 1940 geborene Kläger ist Postbeamter im Ruhestand und bei der Beklagten in Ergänzung seiner Beihilfeberechtigung mit einer Deckungsquote von 30 v.H. privat pflege- und krankenversichert.
Der Kläger leidet an den Folgen einer langjährigen Parkinsonerkrankung, die zur Zusage von Leistungen entsprechend der Pflegestufe I ab dem 01.08.1997, von Leistungen der Pflegestufe II ab Januar 1998 und von Leistungen der Pflegestufe III ab Januar 2000 führten.
Der Kläger lebt in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau, die die Pflege durchführt.
Im März 2000 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für Anschaffung und Einbau eines Pkw- Schwenksitzes unter Vorlage eines Kostenvoranschlages über 6.237,32 DM brutto. Dieser Schwenksitz wurde nach Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht dann auch eingebaut.
Mit Schreiben vom 24.03.2000 und 13.04.2000 lehnte die Beklagte die Übernahme von Kosten als Leistung der privaten Pflegeversicherung ab, weil Schwenksitze nicht im Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführt seien, und auch unter Berücksichtigung des Einzelfalles eine Versorgung aus der privaten Pflegepflichtversicherung nicht möglich sei.
Mit der Klage zum Sozialgericht hat der Kläger die medizinische Notwendigkeit der Nutzung eines Schwenksitzes betont und darauf hingewiesen, dass die Krankenversicherung eine Kostenübernahme ebenso abgelehnt habe wie die Beihilfestelle. Die Bezuschussung der Anschaffung eines Schwenksitzes komme sowohl in seiner Eigenschaft als Pflegehilfsmittel, als technische Hilfe wie auch zur Verbesserung des Wohnumfeldes nach dem
SGB XI in Betracht.
Mit Urteil vom 22.10.2001 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 6.237,32 DM zu zahlen sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Ein Anspruch auf die Kosten des Schwenksitzes bestehe nach § 40
SGB XI. Das Pflegehilfsmittelverzeichnis sei nicht ausschließlich.
Gegen das ihr am 02.11.2001 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie darauf hinweist, dass Ansprüche des Klägers überhaupt nur entsprechend der versicherten Erstattungsquote von 30 v.H. als Leistung der mit ihr abgeschlossenen privaten Pflegeversicherung denkbar seien. Als Anspruchsgrundlage komme allein § 4
Abs. 7 AVB
i.V.m. Nr. 4 des Tarifs PV in Betracht. Danach seien ausschließlich die im Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgeführten Pflegehilfsmittel erstattungsfähig. Dieses Verzeichnis enthalte keinen Schwenksitz.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch er nimmt nur noch einen Anspruch gegen die Beklagte zu 30 v.H. der Gesamtkosten des Schwenksitzes an. Dieser allerdings bestehe, da das Pflegehilfsmittelverzeichnis nicht ausschließlich sei. Anderenfalls komme es zu einer vom Gesetz verbotenen Ungleichbehandlung zwischen sozial und privat Pflegeversicherten. Im Übrigen sei die Anschaffung des Schwenksitzes im Hinblick auf die ansonsten für die Krankenkasse entstehenden Aufwendungen wirtschaftlich.
Den Beteiligten ist die Entscheidung des
BSG in dem Verfahren
B 3 P 10/01 R vom 11.04.2002 übermittelt worden. Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Klägers bei der Beklagten sowie der Prozessakten Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Anschaffungs- und Einbaukosten für einen Pkw-Schwenksitz weder auf der vom Sozialgericht gesehenen Rechtsgrundlage noch aus anderen Gründen zu. Das Urteil war daher abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der vom Sozialgericht gesehene Erstattungsanspruch unmittelbar aus § 40
SGB XI besteht schon deshalb nicht, weil diese Anspruchsgrundlage entsprechend dem privatrechtlichen Charakter des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Pflegepflichtversicherungsverhältnisses durch die diesem Verhältnis zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen verdrängt wird.
Doch auch hiernach besteht der geltend gemachte Anspruch nicht: Nach § 4
Abs. 7 AVB (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung) in Verbindung mit
Nr. 4 des Tarifs PV, der der Versicherung des Klägers bei der Beklagten zugrunde liegt, haben versicherte Personen gemäß
Nr. 4 des Tarifs PV Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Pflegehilfsmittel und technische Hilfen oder deren leihweise Überlassung, wenn und soweit die Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung von Beschwerden der versicherten Person beitragen oder ihr eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen und diese Versorgung notwendig ist. Nach
Nr. 4 des Tarifs PV sind nur Aufwendungen für die im Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführte Pflegehilfsmittel und technische Hilfen erstattungsfähig. Einen Pkw-Schwenksitz enthält dieses Verzeichnis nicht, ebenso wenig ein auch nur im Grundsatz vergleichbares Hilfsmittel.
Soweit der Kläger darauf hinweist, dies führe zu einer Ungleichbehandlung privat Pflegeversicherter im Verhältnis zu sozial Pflegeversicherten (für die es zumindest derzeit trotz der nach § 40
Abs. 5
SGB XI bestehenden gesetzlichen Ermächtigung kein Pflegehilfsmittelverzeichnis gibt), stützt diese Überlegung den behaupteten Anspruch des Klägers im Ergebnis nicht. Zwar mag es Bedenken begegnen, ob in der privaten Pflegepflichtversicherung der Anspruch auf Erstattung der für ein Pflegehilfsmittel aufgewendeten Kosten schon vor dem Erlass einer (inhaltsgleichen)
Rechtsverordnung nach § 50
Abs. 5
SGB XI davon abhängig gemacht werden kann, dass das Hilfsmittel aufgeführt ist (
BSG, Urt. vom 11.04.2002 - B 3 P 10/01 R - unter Bezug auf die Annahme des SG in jenem Verfahren). Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Betrachtung, da die Kostenerstattung hier wie in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall schon deshalb ausgeschlossen ist, weil dieses Hilfsmittel für die in § 40
Abs. 1
SGB XI vorausgesetzten Ziele, die in der privaten Pflegepflichtversicherung über § 4
Abs. 7
MB-PPV (Musterbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung 1996) verbindlich sind, nicht notwendig ist (hierzu und im Folgenden:
BSG aaO).
Pflegehilfsmittel können grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Betätigungen beansprucht werden, die für die Lebensführung im häuslichen Umfeld erforderlich sind (
BSG SozR 3 3300 § 40
Nr. 1). Soweit der Kläger den Schwenksitz benötigt, um zu Ärzten, zur Krankengymnastik oder zu Ergotherapie gefahren zu werden, dient dies zwar dem von der Pflegeversicherung vorrangig verfolgten Ziel, eine Fortsetzung der Lebensführung im häuslichen Umfeld zu ermöglichen. Hieraus ergibt sich jedoch im Hinblick auf das Gleichwertigkeitsgebot noch keine Verpflichtung privater Pflegeversicherungsunternehmen, schwenkbare Autositze als erstattungsfähige Pflegehilfsmittel anzusehen und sie in den Hilfsmittelkatalog aufzunehmen. Denn bei einem Versicherten der sozialen Pflegeversicherung, der gemäß § 20
SGB XI zugleich krankenversichert ist, träte im derartigen Fall allein die Leistungspflicht der Krankenversicherung ein. Es besteht keine Veranlassung, vielmehr wegen des Gleichwertigkeitsgebots ein nicht zu überwindendes Hindernis, dies für den Bereich der privaten Pflegepflichtversicherung anders zu sehen. Dass der schwenkbare Pkw-Sitz nicht primär dem weiteren Ziel "Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen" dient, ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Darlegung. Ein schwenkbarer Pkw-Sitz ist aber auch nicht im Sinne von § 40
Abs. 1
SGB XI geeignet, dem Pflegebedürftigen eine selbstständigere Lebensführung zu ermöglichen. Auch insoweit ist das übergeordnete Ziel der Pflegeversicherung bei der Versorgung mit Pflegehilfsmitteln und technischen Hilfen, nämlich dem Pflegebedürftigen das Verbleiben im häuslichen Umfeld zu ermöglichen, vorrangig zu beachtendes Ziel.
Der schwenkbare Sitz verbessert die selbstständige Lebensführung allenfalls außerhalb des zu betrachtenden Bereiches. Als, wie vom Kläger-Bevollmächtigten vorgeschlagen, "Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes" kommt ein gerade zum Verlassen dieses Umfeldes bestimmter und nur außerhalb von ihm nutzbarer Schwenksitz auch bei großzügigstem Verständnis nicht in Frage.
Die Kostenentscheidung trägt dem Misserfolg der Klage Rechnung und beruht auf § 193
Abs. 1, 193
Abs. 4
SGG in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung vor Änderung durch
Art. 17 des 6.
SGG-Änderungsgesetzes vom 17. 08.2001 (BGBl. I
S. 2144).
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160
SGG besteht vor allem mit Rücksicht auf das Urteil des
BSG vom 11.04.2002 - B 3 P 10/01 R - nicht. In diesem Urteil hat das
BSG zu allen auch in diesem Fall maßgeblichen Fragen vor dem Hintergrund eines vergleichbaren Sachverhalts eingehend und überzeugend Stellung genommen.