Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. September 2010 - 9 K 677/09 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt Beihilfe für den behindertengerechten Umbau ihres PKW.
Der Klägerin ist als Ruhestandsbeamtin zu 70% beihilfeberechtigt. Ihr ebenfalls beihilfeberechtigter Ehemann ist an Multipler Sklerose erkrankt und in die Pflegestufe III eingestuft.
Am 5.5.2008 beantragte die Klägerin beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Beihilfe zu den Aufwendungen in Höhe von 15.897,97
EUR für den behindertengerechten Umbau ihres PKW, die dazu dienen, ihren Ehemann als Beifahrer transportieren zu können.
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung lehnte die Kostenübernahme am 14.8.2008 mit der Begründung ab, dass es sich bei Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten nicht um beihilfefähige Hilfsmittel handele.
Die Klägerin erhob unter dem 4.9.2008 Widerspruch. Ihr Ehemann sei aufgrund seiner Erkrankung häufig zu Therapien und Behandlungen unterwegs. Der Einbau der Rampe und des schwenkbaren Sitzes sei beihilfefähig. Es handle sich um Geräte
bzw. Hilfsmittel zur Selbstkontrolle und Selbstbehandlung
bzw. zur Erleichterung der Pflege oder selbständigen Lebensführung.
Nr. 2.3 der Anlage zur Beihilfeverordnung sei schon nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass auch der behindertengerechte Ausbau eines bereits existierenden Personenkraftwagens von der Beihilfe ausgenommen sei. Jedenfalls die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebiete es, die Kosten zu übernehmen. Hilfsweise werde auf die Härtefallregelung des § 5
Abs. 6 BVO Bezug genommen.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27.1.2009 zurück. In der Begründung wird ausgeführt: In der
Nr. 2.1 der Anlage zur BVO (Hilfsmittelverzeichnis) werde die Umrüstung eines Fahrzeugs nicht genannt. Nach
Nr. 2.3 der Anlage zur BVO seien Aufwendungen für behindertengerecht veränderte Gegenstände sowie Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten nicht beihilfefähig. Auch nach der einschlägigen Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums seien u.a. die Aufwendungen für Kraftfahrzeuge einschließlich behindertengerechter Einbauten von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Deshalb komme eine Härtefallregelung nicht in Betracht.
Die Klägerin hat am 24.2.2009 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung geltend gemacht: Bei dem schwenkbaren Autositz und der Rampe handle es sich um Geräte
bzw. Hilfsmittel i.
S. von § 6
Abs. 1
Nr. 4
bzw. § 9
Abs. 10 BVO. Mit Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 10/03 - habe das Bundessozialgericht die Erstattungsfähigkeit entsprechender Kosten für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung bejaht. Der in § 6 BVO genannte Zweck der Selbstkontrolle oder Selbstbehandlung umfasse in Ablehnung an diese Rechtsprechung auch solche Hilfsmittel, die die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen geeignet seien. Die Berufung des Beklagten auf einen Ausschluss nach
Nr. 2.3 der Anlage zur BVO, jedenfalls aber die Berufung auf einen generellen Ausschluss von behindertengerechten Einbauten in Kraftfahrzeugen von der Beihilfefähigkeit bei der Prüfung einer eingetretenen Härte gemäß § 5
Abs. 6 BVO sei fürsorgepflichtwidrig.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.9.2010 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es: In der "Positivliste" unter 2.1 der Anlage zur BVO werde der behindertengerechte Umbau eines Kraftfahrzeugs nicht genannt. Unter
Nr. 2.3 werde ausgeführt, zu den Hilfsmitteln gehörten nicht behindertengerecht veränderte Gegenstände sowie Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten. Davon sei auch der vorgenommene Umbau mit Schwenksitz und Rampe erfasst. Dem Wortlaut lasse sich nicht entnehmen, dass nur der Neuerwerb eines entsprechenden Fahrzeugs ausgeschlossen sein solle. Der Ausschluss des behindertengerechten Umbaus eines Kraftfahrzeugs von der Beihilfefähigkeit verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere die Fürsorgepflicht. Es sei nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber dem ihm eröffneten Gestaltungsspielraum durch den Ausschluss des behindertengerechten Umbaus eines Kraftfahrzeugs von der Beihilfefähigkeit überschritten hätte. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führe zu keiner anderen Einschätzung. Die grundlegenden Unterschiede zwischen dem beitragsfinanzierten Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und dem aus Steuermitteln finanzierten Beihilferecht führten dazu, dass der Beamte in größerem Maße als der gesetzlich Krankenversicherte auf Eigenvorsorge verwiesen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehe im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ein Anspruch auf solche Hilfsmittel, die einem behinderten Menschen einen Bewegungsradius verschafften, wie ihn ein nicht behinderter Mensch üblicherweise zu Fuß erreiche. Auch bei Heranziehung dieses Maßstabes bestehe vorliegend kein Anspruch auf Kostenerstattung. Der Ehemann der Klägerin sei zwar auf einen Rollstuhl, nicht jedoch auf ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug angewiesen, um sich einen entsprechenden Bewegungsradius zu verschaffen. Für Arztbesuche und Ähnliches bestehe die Möglichkeit eines Krankentransports. Der Klägerin sei es unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Verhältnisse zumutbar, die Kosten für den behindertengerechten Umbau des Fahrzeugs zu tragen. Gleiches gelte für die Beihilfefähigkeit bei Pflegebedürftigkeit. Nach § 9
Abs. 10 BVO seien Aufwendungen für Hilfsmittel ebenfalls nur nach Maßgabe der Anlage beihilfefähig. Auch die Voraussetzungen des § 9
Abs. 11 BVO seien nicht erfüllt. Danach könnten Aufwendungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds des Pflegebedürftigen als beihilfefähig anerkannt werden, wenn und soweit die Maßnahme von der Pflegeversicherung anteilig bezuschusst werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Wie aus den obigen Ausführungen folge, sei ein Härtefall i.
S. des § 5
Abs. 6 Satz 1 BVO nicht gegeben. Im Übrigen gelte die Härtefallregelung nach § 5
Abs. 6 Satz 3 BVO nicht für Aufwendungen, die - wie hier - ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen seien.
Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 13.12.2010 zugelassene Berufung der Klägerin. Die Klägerin macht geltend: Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei es ihr in finanzieller Hinsicht nicht zumutbar, die Kosten für den behindertengerechten Umbau des Fahrzeugs zu tragen. Sie und ihr Ehemann verfügten über ein Nettoeinkommen in Höhe von insgesamt 3.218,--
EUR. Der laufende Bedarf für Unterkunft und Heizung belaufe sich auf 1.095,--
EUR, bei einem reinen Anteil für die Unterkunft in Höhe von 679,--
EUR sowie Versicherungsleistungen in Höhe von 488,--
EUR. Hinzu kämen weitere laufende Kosten für Wasser und Strom sowie Abfallgebühren in Höhe von 103,--
EUR. Ihr und ihrem Ehemann verbleibe somit nur noch ein Betrag von 1.532,--
EUR zur allgemeinen Lebenshaltung. Unter Beachtung eines 15 %-igen Abstandsgebots zu den Sozialhilfesätzen müsse ihr somit ein Betrag von jedenfalls 412,85
EUR als Minimum verbleiben. Es sei unzumutbar, von diesen Beträgen den gesamten Umbau mit Kosten von über 15.000,--
EUR zu finanzieren. Das Pflegegeld sei nicht in das Einkommen der Eheleute einzubeziehen, weil es der benötigten Pflege des Ehemanns diene und hierdurch aufgezehrt werde.
Die Klägerin hat ergänzend eine Erklärung des Ehemanns der Klägerin vorgelegt. Darin heißt es auszugsweise: Im Haus und ums Haus herum bewege er sich in seinem "Scooter". In diesem Gefährt verbringe er seine Tage. Da ihn seine Frau seit ihrer Herzoperation nicht mehr bewegen könne, bediene sie sich für den Transport vom Bett auf den "Scooter" oder im Badezimmer vom "Scooter" auf die Toilette der Hilfe eines Deckenlifters. Mit Hilfe einer eingebauten Rampe in dem umgerüsteten Auto sei er in der Lage, sich unabhängig von konventionellen Hilfstransporten vom Wohnort weg zu bewegen. Außer eigenen Arztbesuchen begleite er häufig seine Frau zum Arzt. Da beide noch sehr interessiert am Leben seien, sei das umgerüstete Auto ihr Transportmittel, um die Familienbindung zu pflegen. Es diene auch als Zubringer zum Flugplatz, um die Familie in Übersee zu sehen. Desgleichen gelte für die Teilnahme am kulturellen Leben und um die sozialen Kontakte zu erhalten. Da die Abstimmung und Organisation zwischen Hilfstransport und Ziel (
z.B. Arzt) nicht nur zeitintensiv, sondern auch nervenaufreibend sei, sähen sie ihr umgerüstetes Auto als lebensnotwendig an.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.09.2010 - 9 K 677/09 - zu ändern, den Bescheid des Beklagten vom 14.08.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 27.01.2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihr die Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau des Kraftfahrzeugs in Höhe von 11.128,58
EUR im Wege der Beihilfe zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Darlegung der finanziellen Verhältnisse und der Erkrankung der Klägerin nicht geeignet sei, die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau des PKW zu begründen. Der behindertengerechte Umbau eines PKW sei nicht in der "Positivliste" unter
Nr. 2.1 der Anlage zur BVO aufgeführt und zudem explizit unter
Nr. 2.3 der Anlage von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Deshalb komme auch die Härtefallregelung nach § 5
Abs. 6 BVO nicht zur Anwendung. Von einer Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht könne nicht die Rede sein, wenn es sich nicht um unmittelbare Aufwendungen eines Beihilfeberechtigten in einem Krankheitsfall handele, sondern nur mittelbare Folgekosten, die zudem ihrer Art nach den Bereich der allgemeinen Lebensführung berührten. Dies sei hier der Fall, zumal für notwendige Arztbesuche Krankentransporte zur Verfügung stünden.
Wegen des weiteren Vortrags und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Gericht liegen die Akten des Landesamts für Besoldung und Versorgung sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.
Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§§ 125
Abs. 1, 101
Abs. 2
VwGO), ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 14.8.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 27.1.2009 sind rechtmäßig, denn der Klägerin steht kein Anspruch auf die Gewährung von Beihilfe für den behindertengerechten Umbau ihres PKW zu (
vgl. § 113
Abs. 5 Satz 1
VwGO).
1. Ein Anspruch auf die begehrte Beihilfe ergibt sich zunächst nicht aus den Vorschriften der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg (BVO).
Für die Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe begehrt wird, maßgeblich (
BVerwG, Urteile vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21, 23 und vom 24.3.1982 - 6 C 95.79 - BVerwGE 65, 184, 187; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.6.2009 - 4 S 1028/07 - juris Rn 17). Die streitgegenständlichen Aufwendungen dürften hier im Januar 2008 entstandenen sein. Ihre Beihilfefähigkeit ist daher an Hand der §§ 6
Abs. 1
Nr. 4 und 9
Abs. 10 und 11 der auf § 101
LBG beruhenden Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen -Beihilfeverordnung - BVO - vom 28.7.1995 (GBl.
S. 561) in der Fassung nach
Art. 10 des Haushaltsstrukturgesetzes 2004 (GBl.
S. 66) zu beurteilen. Für den vorliegenden Fall besteht im Übrigen kein Unterschied zu den Folgefassungen.
a) Nach § 6
Abs. 1
Nr. 4 BVO sind aus Anlass einer Krankheit unter anderem die Aufwendungen für die Anschaffung oder Reparatur der von Ärzten schriftlich begründet verordneten Hilfsmittel nach Maßgabe der Anlage beihilfefähig. Nach deren
Nr. 2.1 sind diese Aufwendungen im Rahmen der Höchstbeträge nur dann beihilfefähig, wenn sie nachstehend aufgeführt sind. In der folgenden "Positivliste" wird die behindertengerechte Aus- oder Umrüstung eines Kraftfahrzeugs nicht genannt. Gemäß
Nr. 2.3 Satz 1 der Anlage gehören zu den Hilfsmitteln und Geräten nicht Gegenstände von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Preis, oder die dem Bereich der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind. Dies gilt gemäß Satz 2 unter anderem auch für behindertengerecht veränderte Gegenstände sowie Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass nach dieser normativen Entscheidung die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen der Klägerin ausgeschlossen ist. In der "Positivliste" der Anlage zur BVO (
Nr. 2.1), in der die beihilfefähigen Hilfsmittel aufgezählt werden, wird die behindertengerechte Aus- oder Umrüstung eines Kraftfahrzeugs nicht genannt. Darüber hinaus sind gemäß
Nr. 2.3 Satz 2 der Anlage behindertengerecht veränderte Gegenstände sowie Personenkraftwagen einschließlich behindertengerechter Einbauten ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Dieser explizit geregelte Ausschluss von der Beihilfefähigkeit umfasst schon von seinem Wortlaut her nicht nur die Neuanschaffung, sondern auch die Umrüstung eines Kraftfahrzeugs. Zudem gebietet der erkennbare Sinn und Zweck der Regelung eine solche Auslegung, denn sonst könnte der ersichtlich gewollte Ausschluss von der Beihilfefähigkeit leicht umgangen werden, indem zunächst ein nicht behindertengerecht umgebautes Fahrzeug erworben und dieses anschließend umgerüstet wird.
b) Auch ein Anspruch auf Beihilfe bei Pflegebedürftigkeit nach § 9 BVO besteht nicht, denn nach § 9
Abs. 10 BVO sind Aufwendungen für Hilfsmittel ebenfalls nur nach Maßgabe der Anlage beihilfefähig. Daher kann insoweit auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden.
Auch die Voraussetzungen des § 9
Abs. 11 BVO sind nicht erfüllt. Danach können Aufwendungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds des Pflegebedürftigen als beihilfefähig anerkannt werden, wenn und soweit die Maßnahme von der Pflegeversicherung anteilig bezuschusst werden. Selbst wenn man die Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs als Aufwendungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds des Pflegebedürftigen ansehen wollte, fehlt es hier jedenfalls an der anteiligen Bezuschussung der Maßnahme durch die Pflegeversicherung.
2. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieser Ausschluss von der Beihilfefähigkeit im vorliegenden Fall gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen die Fürsorgepflicht (a) oder den Gleichheitsgrundsatz (b), verstieße.
a) Die Gewährung von Beihilfe gehört zwar nicht selbst zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (
Art. 33
Abs. 5
GG), sie ist jedoch Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits zu diesen Grundsätzen gehört. Nach der geltenden Rechtslage erfüllt der Dienstherr seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen durch die Gewährung von Beihilfe. Sie soll den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Die Beihilfe ist ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Da die Beihilfe regelmäßig nur einen bestimmten Vomhundertsatz der aus Anlass von Geburts-, Krankheits-, Pflege und Todesfällen entstehenden Aufwendungen des Beamten abdeckt, setzt sie schon deshalb voraus, dass der Beamte aus seinen Mitteln für die Begleichung des übrigen Teils der Aufwendungen selbst Vorsorge trifft. Hierfür stellt der Besoldungsgesetzgeber dem Beamten einen Alimentationsteil zur Verfügung. Die Beihilfe ergänzt somit nach der ihr zugrundeliegenden Konzeption lediglich die Alimentation des Beamten (st. Rspr.
vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 - juris Rn 16
ff. mwN; Urteil vom 22.2.2010 - 13 S 1749/09 -juris).
Hat sich der Dienstherr für ein solches Beihilfesystem entschieden, muss es den Anforderungen genügen, die ihm aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beamten erwachsen. Er muss gewährleisten, dass dieser nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann; jedoch fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Hilfefällen entstandenen Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang (
BVerfG, Beschluss vom 7.11.2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225, 232 f.;
BVerwG, Urteil vom 18.6.1980 - 6 C 19.79 - BVerwGE 60, 212, 219
ff.). Ebenso wenig verlangt sie, dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in jedem Falle in vollem Umfang versicherbar sein muss (
BVerwG, Urteil vom 6.11.2009 - 2 C 60.08 - juris Rn 17 und vom 3.7.2003 - 2 C 24.02 - DÖD 2004, 82, 84). Auch müssen das Beihilfesystem und die private Krankenversicherung nicht "lückenlos" aufeinander abgestimmt sein (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 - juris Rn 19 und Beschluss vom 9.10.2008 - 4 S 2613/07 -). Der Charakter der Beihilfe als einer ergänzenden Hilfeleistung belässt dem Dienstherrn daher einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er durch seine Beihilfevorschriften die Voraussetzungen, den Umfang sowie die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge generalisierend und typisierend bestimmen kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.2.2010 - 13 S 1749/09 - juris).
Dafür, dass der Verordnungsgeber diesen ihm eröffneten Gestaltungsspielraum durch den Ausschluss der Aufwendungen für die behindertengerechte Umrüstung eines Kraftfahrzeugs von der Beihilfefähigkeit überschritten hätte, ist in Bezug auf den vorliegenden Fall nichts ersichtlich. Die hier einschlägige Regelung ist grundsätzlich mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Sie hält sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung der Fürsorgepflicht in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen zustehenden Ermessens. Sie grenzt in zulässig typisierender Weise Aufwendungen in Krankheitsfällen, derentwegen der Beamte einer ergänzenden Hilfeleistung des Dienstherrn durch Beihilfen bedarf, von Kosten ab, die in ihrem Schwerpunkt eher der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind, zu deren Bestreitung grundsätzlich die amtsgemäße Besoldung und Versorgung sowie allgemein zugängliche Hilfen, jedenfalls aber nicht die Beihilferegelung vorgesehen sind (
vgl. BVerwG, Urteil vom 14.3.1991 - 2 C 23.89 - (Buchholz 270 § 6 BhV
Nr. 5).
Bezüglich des Gegenstands und des Umfangs des von der Fürsorgepflicht umfassten Behinderungsausgleichs kann auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zurückgegriffen werden (
vgl. zum folgenden:
BSG, Urteil vom 19.4.2007 -
B 3 KR 9/06 R - BSGE 98, 213;
LSG Nordr.-Westf., Urteil vom 22.2.2006 -
L 11 (2) KR 107/05 - NJOZ 2006, 2446;
vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.2.2003 -
7 S 1952/01 -). Wendet man diese von den Sozialgerichten entwickelten Grundsätze auf das Beihilferecht an, sind von der Beihilfefähigkeit grundsätzlich zunächst solche Hilfsmittel umfasst, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet sind, also zum unmittelbaren Ersatz der ausgefallenen Funktionen dienen. Der von der Fürsorgepflicht geforderte Behinderungsausgleich umfasst ferner solche Hilfsmittel, die die direkten und indirekten Folgen der Behinderung ausgleichen. Ein solches Hilfsmittel ist grundsätzlich dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Hierzu gehören das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, das Aufnehmen und Ausscheiden von Nahrung, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Dabei ist das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums allerdings immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den weitgehend unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte stellt dabei im Falle einer Gehbehinderung auf die Entfernungen ab, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind.
Nach diesen Kriterien lässt sich ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für den behindertengerechten Umbau ihres Pkw nicht begründen. Der Senat verkennt dabei nicht das Ausmaß der durch die Erkrankung an Multipler Sklerose beim Ehemann der Klägerin verursachten Behinderung. Die zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehörende Fortbewegung ist jedoch durch das ihrem Ehemann zur Verfügung gestellte Hilfsmittel in Form eines elektrischen Rollstuhls ("Scooter") für den Nahbereich der Wohnung sichergestellt. Damit ist ihm das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst möglich, denn er kann im Nahbereich liegende Zielpunkte selbstständig,
ggf. unter Inanspruchnahme einer Begleitperson, erreichen. Daher lässt sich nicht feststellen, dass der behindertengerechte Umbau des Pkw für ihn notwendig ist, um seine absoluten Grundbedürfnisse zu befriedigen, also es ihm zu ermöglichen, sich selbständig im Nahbereich der Wohnung zu bewegen. Einen weitergehenden Behinderungsausgleich gebietet die Fürsorgepflicht nicht (
vgl. bereits
BVerwG, Urteil vom 14.3.1991 - 2 C 23.89 - ZBR 1991, 350). Dass der Ehemann der Klägerin seinen "Scooter" wohl nicht eigenständig besteigen oder verlassen kann, gebietet keine andere Beurteilung, denn fremde Hilfe durch die Klägerin oder Dritte benötigt er auch dann, wenn er das behindertengerecht umgebaute Kraftfahrzeug der Klägerin als Beifahrer benutzt (
vgl. LSG Nordr.-Westf., Urteil vom 22.2.2006 -
L 11 (2) KR 107/05 - NJOZ 2006, 2446).
b) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit widerspricht auch nicht
Art. 3
Abs. 1
GG.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf, die in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.9.2005 -
B 3 KR 19/03 R - (BSGE 93, 176) entwickelten Grundsätze zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung müssten auch auf ihren Fall übertragen werden. Denn selbst wenn man der Argumentation der Klägerin in ihrem Ausgangspunkt folgen und insoweit einen Anspruch auf Gleichbehandlung annehmen wollte, ergäbe sich in ihrem konkreten Fall kein Anspruch auf Beihilfe für den behindertengerechten Umbau ihres Fahrzeugs.
In der genannten Entscheidung hatte das Bundessozialgericht entschieden, dass für den Transport einer Wachkomapatientin zum Aufsuchen von Ärzten und Therapeuten ein schwenkbarer Autositz bewilligt werden kann. Dabei sind aber die Umstände dieses besonders gelagerten Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Wachkomapatientin konnte wegen ihrer multiplen Behinderungen selbst einen kleinen körperlichen Freiraum im Nahbereich durch die ihr zur Verfügung gestellten Hilfsmittel nicht mehr wahrnehmen. Dies wurde ihr erst durch die Benutzung des Pkw ermöglicht, weil nur durch den Transport im vertrauten Fahrzeug und in Gegenwart der Eltern Angstzustände genommen und zusätzliche spastische Anfälle vermieden wurden. Der behinderungsgerechte Pkw-Umbau ermöglichte es ihr unter Hilfestellung des Vaters, das Fahrzeug zu besteigen und dort sicher transportiert zu werden. Diese besondere Konstellation rechtfertigte es, der Notwendigkeit, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufsuchen zu können, ausnahmsweise durch den behindertengerechten Umbau eines Pkw Rechnung zu tragen (so ausdrückl.
BSG, Urteil vom 19.4.2007 -
B 3 KR 9/06 R - BSGE 98, 213;
LSG Nordr.-Westf., Urteil vom 22.2.2006 - L 11 (2) KR 107/05 - NJOZ 2006, 2446;
vgl. auch
BSG, Urteil vom 16.9.2004 -
B 3 KR 15/04 R - USK 2004-80; Urteil vom 11.4.2002 -
B 3 P 10/01 R - NZS 2002, 543).
Damit ist die erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung des Ehemanns der Klägerin trotz ihrer Schwere letztlich nicht vergleichbar. Er kann sich trotz seiner
MS-Erkrankung mit dem zur Verfügung stehenden Hilfsmittel ("Scooter") in der Wohnung und auch im nahen Außenbereich noch selbstständig fortbewegen. Die Funktionsfähigkeit seiner Hände ist jedenfalls dann, wenn die Arme fixiert werden, gewährleistet; er kann sich daher mit Hilfe seines "Scooters" im Nahbereich seiner Wohnung bewegen (
vgl. BSG, Urteil vom 19.4.2007 - B 3 KR 9/06 R - BSGE 98, 213).
3. Ein Beihilfeanspruch ergibt sich schließlich nicht aus § 5
Abs. 6 BVO. Nach Satz 1 dieser Bestimmung kann bei Anlegung eines strengen Maßstabs in besonderen Härtefällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und nur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu Aufwendungen
i.S.d. § 101
LBG ausnahmsweise abweichend von den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen Beihilfe gewährt werden. Damit hat der Verordnungsgeber eine Vorschrift geschaffen, um ganz besonderen Fällen gerecht werden zu können, in denen die durch die Beihilfeverordnung erfolgte typisierende, pauschalierende und abschließende Konkretisierung der gesetzlich und verfassungsrechtlich gebotenen Fürsorgepflicht ausnahmsweise nicht ausreichend ist, um den Wesenskern der Fürsorgepflicht gegenüber dem beihilfeberechtigten Beamten zu gewährleisten. In derartigen Einzelfällen, in denen infolge eines die Beihilfeberechtigung hervorrufenden Tatbestands eine unerträgliche Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung auftritt, kann eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht gegeben sein und einen Anspruch auf weitergehende Beihilfe begründen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.11.2006 - 4 S 101/05 - juris Rn 27 und Beschluss vom 9.10.2008 - 4 S 2613/07 -). Es kann dahinstehen, ob sich der Beklagte in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Vorschrift des § 5
Abs. 6 Satz 3 BVO beruft, wonach die Härtefallregelung des Satzes 1 nicht für Aufwendungen gilt, die - wie hier - ausdrücklich von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sind. Jedenfalls liegt unter Berücksichtigung der oben unter 2. im Einzelnen dargelegten Gesichtspunkte kein gravierend von dem vorgesehenen Regelfall abweichender besonderer Härtefall im Sinne dieser Bestimmung vor, der zugleich eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht darstellen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 2
VwGO.
Gründe, die Revision zuzulassen (
vgl. § 132
Abs. 2
VwGO), bestehen nicht.
Beschluss vom 28. Februar 2011
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.128,58
EUR festgesetzt (§ 52
Abs. 3 GKG).