Urteil
Kostenübernahme eines Rollstuhlrückhaltesystems durch den überörtlichen Sozialhilfeträger - Beförderung zur WfbM

Gericht:

LSG Nordrhein-Westfalen


Aktenzeichen:

L 2 KN 209/05 KR


Urteil vom:

14.06.2007


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21.10.2005 wird zurückgewiesen. Der Beigeladene wird unter Abänderung seines Bescheides vom 11.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2005 verurteilt, den Kläger mit dem Rollstuhlrückhaltesystem "Kraftknoten" zu versorgen. Der Beigeladene hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Versorgung des Klägers mit einen "Kraftknotensystem".

Der 1982 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Nachteilsausgleichen G, B, aG, H und RF. Der Kläger leidet seit Geburt unter einer schweren spastischen athetoiden Tetraparese. Diese Erkrankung führt dazu, dass er seine Gliedmaßen nicht kontrolliert bewegen und ( bis auf wenige, nur für Eingeweihte verstehbare Laute) nicht sprechen kann. Er ist zur Fortbewegung auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Die Beklagte hat ihn mit einem speziell angefertigten Elektrorollstuhl mit PC-Kommunikationsgerät versorgt; damit kann er den Rollstuhl auch ohne Einsatz der Hände selbständig steuern. Beim Transport in einem Behindertentransportwagen (BTW) kann der Kläger nicht auf einen normalen Sitz umgesetzt, sondern nur im Rollstuhl sitzend befördert werden.

Der Kläger besuchte bis zum 10. Schuljahr die X Schule für Körperbehinderte I und wurde anschließend im August 2000 in die anerkannte Werkstätte für behinderte Menschen (WfbM) "S Werkstätten, Zweigbetrieb Glückauf- Werkstatt I" aufgenommen, wo er seit August 2001 im Arbeitsbereich (vollzeit-)beschäftigt ist. Der Beigeladene erkannte einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 40 Abs 1 Nr 7 Bundessozialhilfegesetz ( BSHG) an und übernahm die durch diese Beschäftigung entstehenden Kosten einschließlich der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Werkstätte (Bescheid vom 18.1.2002). Diese Fahrten werden durch den Behindertenfahrdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) durchgeführt.

Nachdem der Kläger im Januar 2004 vom DRK-Behindertenfahrdienst darauf aufmerksam gemacht worden war, dass sein Rollstuhl mit einem sog. Kraftknoten" nachzurüsten sei (Schreiben vom 21.1.2004), beantragte er unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung bei der Beklagten die Versorgung mit einem Kraftknotensystem für den vorhandenen Rollstuhl. Dabei handelt es sich um ein Rückhaltesystem zur Sicherung des Rollstuhls bei der Beförderung mit einem Kraftfahrzeug (Kfz). Ein Kraftknoten besteht aus 4 am widerstandsfähigen Rollstuhlrahmen verschraubten Schlosszungen (2 vorne, 2 hinten), an denen sich die Gurtschlösser der Gurte des (im BTW eingebauten) Rollstuhlrückhaltesystems einfach, schnell und vor allem verwechslungsfrei befestigen lassen. Das Kraftknotensystem kontrolliert automatisch den richtigen Gurtverlauf des Personenrückhaltesystems. Beim Kraftknotensystem werden (erstmals) Anforderungen auch an den Rollstuhl gestellt, der mit einem solchen System ausgestattet sein bzw. nachgerüstet werden muss.

Die Beklagte entschied, dass die Ausstattung des Rollstuhls mit einem Kraftknoten einen Mehraufwand darstelle, der in den Eigenverantwortungsbereich des Versicherten bzw. des Transportunternehmers falle, und lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 18. 02.2004; Widerspruchsbescheid vom 2.8.2004). Diese Bescheide wurden bestandskräftig.

Im August 2004 beantragte der Kläger beim Beigeladenen die Versorgung mit einem Kraftknotensystem. Beigefügt waren ein Kostenvoranschlag der Firma T, Reha und Medizintechnik GmbH, über EUR 582,84 und ein Attest des Arztes Dr. U aus X1, der Kläger könne aufgrund der besonderen Schwere der Behinderung nur im Rollstuhl sitzend befördert werden (Bescheinigung vom 09.08.2004).

Auch der Beigeladene lehnte die Übernahme der Kosten eines Kraftknotens ab: Da es sich bei dem fest mit dem Rollstuhl verbundenen Halterungssystem um Zubehör zum Rollstuhl handele, sei für dessen Zurüstung die Krankenkasse zuständig. Deren Leistungspflicht setze allerdings voraus, dass das Hilfsmittel nicht nur für den Beruf, sondern auch für andere Lebensbereiche erforderlich ist (Schreiben vom 11.10.2004). Mit seinem Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass er im Falle eines Unfalls um seine Gesundheit fürchte, seit der Behindertenfahrdienst ihn auf die bestehenden Transportgefahren hingewiesen habe. Der Beigeladene wies den Widerspruch zurück. Es bestehe keine Verpflichtung zum Vorhalten eines Kraftknotens. Mit vorhandenen anderen Sicherungssystemen sei ein ausreichender Schutz im Straßenverkehr gegeben, deshalb bestehe keine Notwendigkeit zur Versorgung mit einem "Kraftknoten", auch wenn dieses für Rollstuhlfahrer bzw. Rollstühle ein verbessertes Rückhaltesystem beim Kraftfahrzeugtransport darstelle ( Widerspruchsbescheid vom 07.11.2005). Dagegen hat der Kläger am 15.11.2005 Klage zum SG Gelsenkirchen erhoben (Aktenzeichen (Az): S 8 SO 211/05). Dieses Verfahren wird derzeit nicht betrieben, die Akten sind zum vorliegenden Rechtsstreit beigezogen.

Im Oktober 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Versorgung mit einem "Kraftknotensystem für vorhandenen Rollstuhl" unter Bezugnahme auf eine ärztliche Verordnung des praktischen Arztes Dr. U aus X1 vom 18.10.2004 und Hinweis darauf, dass der Beigeladene die Leistung abgelehnt habe. Die Beklagte lehnte die Versorgung wiederum ab und verwies zur Begründung auf ihren Bescheid vom 18.02.2004 (Bescheid vom 28.10.2004) . Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Beklagte müsse all das leisten, was erforderlich sei, um den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Hilfsmittels Rollstuhl zu ermöglichen. Bei dem Kraftknotensystem handele es sich um ein notwendiges Zubehör des Rollstuhls. Das Aufsuchen der Werkstatt für behinderte Menschen stelle die wesentliche Möglichkeit dar, sein Grundbedürfnis nach Kommunikation zu befriedigen. Es ermögliche ihm überdies Freizeitaktivitäten, Fahrten zum Einkauf, Fahrten zum Arzt, zum Friseur und zu Therapeuten. Das Kraftknotensystem sei für das Erreichen der jeweiligen Zielorte unabdingbar, weil ihm wegen der Sicherheitsrisiken nicht zuzumuten sei, sich ohne Kraftknotensystem befördern zu lassen. Aufgrund des erheblichen Sicherheitsvorteils sei das Kraftknotensystem auch zum Ausgleich seiner Behinderung erforderlich ( Widerspruch vom 04.11. 2004). Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Das Kraftknotensystem sei nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt. Im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot stelle die Ausstattung mit einem Kraftknoten keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Derartige Transferleistungen seien dem privaten eigenverantwortlichen Bereich zuzuordnen ( Widerspruchsbescheid vom 15.02.2005).

Dagegen hat der Kläger noch im Februar 2005 Klage erhoben und begehrt, "die Kosten für ein Kraftknotensystem für den vorhandenen Rollstuhl in Höhe von EUR 582,84 zu übernehmen". Entsprechend der DIN 75078-2 sei die Nachrüstung des Rollstuhls mit einem Kraftknoten angezeigt. Nur dieser sichere die im Rollstuhl sitzende Person während der Fahrt optimal.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. 02.2005 zu verurteilen, die Kosten für ein Kraftknotensystem für den Rollstuhl in Höhe von 582,84 EUR zu übernehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre ablehnende Entscheidung für zutreffend gehalten, weil es sich beim Kraftknotensystem um kein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) handele.

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil das Autofahren nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehöre (Urteil vom 21. 10.2005).

Dagegen hat der Kläger am 16.11.2005 Berufung eingelegt. Da die Beklagte für das Hilfsmittel Rollstuhl zuständig sei, sei sie auch für das Kraftknotensystem als notwendiges Zubehör zuständig. Das Kraftknotensystem diene der sicheren Beförderung von Rollstuhlfahrern, die für die Fahrt nicht in das Fahrzeug umgesetzt werden können und deshalb im Rollstuhl sitzend befördert werden müssten. Es gehe nicht um das Autofahren, sondern um die Benutzung des Rollstuhls, insbesondere zu Fahrten in Arztpraxen, Kliniken und Therapieeinrichtungen.

Der Senat hat den Landschaftsverband Westfalen-Lippe als überörtlichen Träger der Sozialhilfe zum Verfahren beigeladen ( Beschluss vom 11.04.2006).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21.10.2005 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2005, hilfsweise den Beigeladenen unter Abänderung seines Bescheides vom 11.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2005 zu verurteilen, ihn mit dem Rollstuhlrückhaltesystem "Kraftknotensystem" im Sinne der DIN 75078-2 zu versorgen.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass es sich bei einem Kraftknotensystem nicht um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung handele.

Der Beigeladene meint, die Versorgung mit einem Kraftknoten sei nicht notwendig. Es sei weiter ausreichend, bei der Beförderung von Rollstühlen im Kraftfahrzeug mit einem Rollstuhl diesen mit einem 4-Punkt-Haltegurt und dem Sicherheitsgurt für Rollstuhlfahrer zu sichern. Zur Zeit würden noch fast alle im Rollstuhl sitzend zu befördernden Schüler so mit einer solchen Sicherung befördert. Schwierigkeiten seien nicht bekannt geworden. Aufgrund der aktuellen DIN-Norm habe er seine Verträge mit den Beförderungsunternehmen dahingehend ergänzt, dass Rollstühle, wenn sie über einen Kraftknoten verfügten, mit diesem dann auch gesichert werden müssten. Es bestehe aber keine Rechtspflicht zur Benutzung des Kraftknotens.

Dr. U hat mitgeteilt, der Kläger benötige als Hilfsmittel einen Kraftknoten, eine Sitzschale und Armlehnen für einen ordnungsgemäßen Transport im Pkw. Außerdem sei eine Begleitperson erforderlich, die den Rollstuhl schiebe. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat darauf hingewiesen, dass für Rückhaltesysteme für Rollstühle und Insassen gesetzlich keine besonderen Anforderungen vorgeschrieben sind, diese insbesondere nicht zugelassen werden müssen. Im nationalen Bereich beschreibe die DIN 75078 Teil 2 den Stand der Technik in Deutschland. Das sogenannte Kraftknotensystem sei entwickelt worden, weil die Fehlbedienung der herkömmlichen Rückhaltesysteme in der Praxis ein schwerwiegendes Problem darstelle; diese seien lediglich Bestandteil des Fahrzeugs und nicht auf den jeweiligen Rollstuhl abgestimmt. Sie berücksichtigten insbesondere nicht die äußerst variable Konstruktion eines individuellen Rollstuhls. Mit dem Kraftknotensystem werde der Rollstuhl erstmals selbst in das gesamte Rückhaltesystem eingebunden, so wie es im Fahrzeug für Pkw-Sitze gefordert werde (Stellungnahme vom 20.09.2006).

Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten und des Beigeladenen sowie die Gerichtsakten des SG Gelsenkirchen (Aktenzeichen (Az) S 8 SO 211/05). Sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Rechtsweg:

SG Gelsenkirchen, Urteil vom 21.10.2005 - S 7 KN 62/05 KR
BSG, Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KN 4/07 KR R

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, da der Kläger den Wert seines Anspruchs unter Bezugnahme auf den vorgelegten Kostenvoranschlag mit EUR 582,84 beziffert, § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist die Berufung (= Hauptantrag) unbegründet; der erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise gestellte Klageantrag ist begründet.

Die (Haupt-)Klage ist zulässig. Es verstößt nicht gegen die auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Prozessvoraussetzung eines bestimmten Klageantrags (BSGE 60, 87, 90 = SozR 1200 § 53 Nr 6), dass der Kläger gegenüber der Beklagten lediglich allgemein beantragt hat, ihn mit einem Kraftknotensystem zu versorgen, und offen lässt, welches spezielle Fabrikat er begehrt. Eine Klage auf eine nur allgemein umschriebene Leistung ist zulässig, wenn die Entscheidung über die Art der Gewährung und auch die Spezifizierung der geschuldeten Leistung im Zusammenwirken der Behörde mit dem Leistungsempfänger erfolgt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 16 und 27; zur "Standardversorgung" mit einem Rollstuhl mit bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit bis zu 6 km/h vgl BSG SozR 4-3100 § 18 Nr 2; LSG Niedersachsen Breithaupt 2002, 787ff) .

Im Regelfall bleibt es dabei dem Krankenversicherungsträger überlassen, das Fabrikat auszuwählen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 18; zum richtigen Klageantrag vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 17). Hierdurch kann er insbesondere auch sicherstellen, dass das zu überlassende Hilfsmittel den einschlägigen Qualitätsanforderungen (vgl § 139 Abs 1 SGB V) entspricht. Diese Grundsätze gelten zumindest dann, wenn - wie hier - die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ihre Leistungspflicht für jedwede Art von Kraftknotensystemen verneint hat und kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass die Beteiligten im Falle einer Verurteilung über die Auswahl streiten werden (vgl BSG aaO).

Die (Haupt-)Klage ist unbegründet. Zu Recht hat das SG einen Leistungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Krankenkasse verneint. Der Kläger wird durch den Bescheid vom 28.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. 02.2005 (§ 95 SGG) nicht beschwert, weil diese Bescheide nicht rechtswidrig sind, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Bei der angefochtenen Entscheidung der Beklagten handelt es sich um einen Zweitbescheid, mit dem sie trotz der zuvor bestandskräftig erfolgten Ablehnung (Bescheid vom 18.2.2004; Widerspruchsbescheid vom 2.8.2004) erneut originär über den geltend gemachten Versorgungsanspruch entschieden hat.

Die Voraussetzungen der hier einzig als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden §§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr. 3, 33 Abs 1 Satz 1, Satz 3 in Verbindung mit 2 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1, 2 a SGB V liegen nicht vor. § 33 SGB V ist auch nach Inkrafttreten des Neunten Buches Sozialgesetzbuch für den Anspruch gegen die Krankenkasse allein maßgebliche Anspruchsgrundlage (§ 7 SGB IX) und bleibt deshalb insoweit gegenüber § 31 SGB IX Spezialnorm ( vgl Schäfer in: Kossens/von der Heide/Maaß. Praxiskommentar zum Behindertenrecht. SGB IX. Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. 2002. § 31 Rdnr 1; Davy. Die Sozialgerichtsbarkeit 2004, 315, 318).

Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Variante), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Variante, die erst zum 1. Juli 2001 in das SGB V eingefügt worden ist) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Variante) , soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, und die Leistungserbringer dürfen sie nicht bewirken und die Krankenkasse nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 SGB V). Gleiches gilt für Leistungen, die allein der Eigenverantwortung des Versicherten zuzurechnen sind (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V). Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einem Kraftknotensystem. Das begehrte Kraftknotensystem dient ersichtlich nicht dazu, den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern oder einer (konkret) drohenden Behinderung vorzubeugen. Es dient aber auch nicht dazu, die bereits bestehende Behinderung des Klägers innerhalb des durch § 33 SGB V geregelten Rahmens auszugleichen.

Gegenstand des Behinderungsausgleichs sind zunächst solche Hilfsmittel, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet sind, also zum unmittelbaren Ersatz der ausgefallenen Funktionen dienen ( BSGE 37, 138, 141 = SozR 220 0 § 187 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 18 S 88 und Nr 20 S 106). Der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs umfasst jedoch auch solche Hilfsmittel, die die direkten und indirekten Folgen der Behinderung ausgleichen. Ein Hilfsmittel ist von der GKV immer dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheiden, (elementare) Körperpflege, selbstständiges Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG SozR 2200 § 182b Nrn 12, 17, 29, 33, 34, 37), das auch die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben (vgl. BSG 66, 245, 246 = SozR 3-2500 § 33 Nrn 1, 3 und 5) und dabei insbesondere die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens ( Schulwissens) umfasst (st Rspr, vgl BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN und BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 mwN; s auch Höfler in Kasseler Kommentar.- Band 1. Stand September 2005, § 33 SGB V RdNr 11ff mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr).

Das vorliegend allein in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" ist immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSGE 90, 60ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 mwN). Die Rechtsprechung stellt dabei auf diejenigen Entfernungen ab, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (vgl BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31). Danach die ist "elementare Bewegungsfreiheit" ein allgemeines Grundbedürfnis ( BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7), weil sie sich im gesamten täglichen Leben auswirkt. Sie wird bei Gesunden durch die Fähigkeit des Gehens, Laufens, Stehens etc. sichergestellt. Ist diese Fähigkeit durch eine Behinderung beeinträchtigt, so richtet sich die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels in erster Linie danach, ob dadurch der Bewegungsradius in dem Umfang erweitert wird, den ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Dient ein Hilfsmittel nur dem Zweck, einen größeren Radius als ein Fußgänger zu erreichen, so ist es iS des § 33 Abs 1 SGB V nicht erforderlich.

Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist dabei die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weit gehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können (vgl § 26 Abs 1 SGB IX, § 55 Abs 1 SGB IX). Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation, die auch die Versorgung mit einem Hilfsmittel umfassen kann, ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme, die auch Nachteile in Einzelnen Lebensbereichen ausgleichen (vgl hierzu im Einzelnen: BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 27, 29, 30, 32). Hieran hat sich auch durch die Einführung des SGB IX "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" nichts geändert.

Ziel der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln ist danach die Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 1 Satz 1 SGB IX). Im Rahmen dieser für alle behinderten Menschen (vgl die Definition in § 2 Abs 1 SGB IX) geltenden Bestimmungen ist die gesetzliche Krankenversicherung nur innerhalb ihres Aufgabengebietes - Krankenhilfe und medizinische Rehabilitation - und unter ihren besonderen Voraussetzungen (vergleiche § 7 SGB IX) zur Gewährung von Hilfsmitteln verpflichtet. Die Förderung der Selbstbestimmung des behinderten Menschen und seiner gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch Versorgung mit Hilfsmitteln fällt danach (weiter) nur dann in die Leistungspflicht der GKV, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf/ Gesellschaft/Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigt oder mildert und damit ein "Grundbedürfnis des täglichen Lebens" betrifft ( stRspr: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29; SozR 3-2500 § 33 Nr 5, 27 und 32 sowie zuvor bereits: SozR 2200 § 182b Nr 12, 30, 34, 37 jeweils mwN).

Nach diesen Grundsätzen besteht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einem Hilfsmittel "Kraftknotensystem" schon deshalb nicht, weil - soweit die Fahrten zur WfbM betroffen sind - die Auswirkungen der Behinderung nicht allgemein, sondern nur in einem bestimmten Lebensbereich (hier: Berufsleben) gemildert werden und im Übrigen - soweit das allgemeine Grundbedürfnis nach Kommunikation und Fahrten zur Ärzten oder Therapeuten betroffen sind - die Fahrten (nur) dem Zweck dienen, einen größeren Radius als ein Fußgänger zu erreichen.

Der streitige Versorgungsanspruch ergibt sich nicht bereits aus der von Kläger vorgelegten ärztlichen Verordnung. Für den Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln ist eine ärztliche Verordnung weder notwendige ( der sog. Arztvorbehalt des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB V gilt hier nicht, vgl BGSE 36, 146, 148f; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 28; BSG Urteil vom 29.9.1997, Az 8 RKn 27/ 96; Hauck- Haines-Noftz. SGB V. Kommentar. § 15 Rdnr 17), noch hinreichende (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25; BSG SozR 1200 § 33 Nr 1) Voraussetzung.

Die Fahrten des Klägers zur WfbM betreffen das Grundbedürfnis des Klägers auf Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums nur in einem bestimmten Lebensbereich, der Berufsausübung, und sind deshalb vom Leistungsspektrum der GKV nicht umfasst. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers dient die Ausrüstung seines Rollstuhls im Wesentlichen der Beförderung zur und von der WfbM. Der dazu vom Beigeladenen eingeschaltete Fahrdienst hatte den Kläger wegen Sicherheitsbedenken ausdrücklich auf die erforderliche Nachrüstung aufmerksam gemacht. Die WfbM ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben (...) und zur Eingliederung in das Arbeitsleben, § 136 Abs 1 Satz 1 SGB IX. Sie dient damit der Erbringung von Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben (Teil 1 Kapitel 5 §§ 33ff SGB IX) und von der Zielsetzung typischerweise nur einem bestimmten Lebensbereich, der Berufstätigkeit. Dass damit notwendig ( fast immer) auch eine Förderung der Kommunikation verbunden ist, weil die Berufstätigkeit bei Vollzeitbeschäftigten immer wesentlicher Teil der täglichen Kommunikation ist, ist lediglich ein (ersichtlich nicht im Vordergrund stehender) Nebeneffekt.

Da der Kläger den Rollstuhl wegen der Ausstattung mit einem PC-Kommunikationssystem im Nahbereich selbständig führen kann ( erforderlichenfalls mit einer Begleitperson, die den Rollstuhl schiebt), ist er (insoweit) auch in der Lage, sein Grundbedürfnis auf (allgemeine) Kommunikation zu befriedigen.

Die Fahrten des Klägers - auf dem im PKW befestigten Rollstuhl sitzend - zu Ärzten und/oder Therapeuten unterfallen nicht dem Leistungsspektrum der GKV, weil sie über den geschuldeten Basisausgleich hinausgehen. Zum Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlich und geistigen Freiraums gehört auch das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte oder Therapeuten aufzusuchen. Denn die notwendige medizinische Versorgung ist grundlegende Voraussetzung, die elementaren Bedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen (BSG, Urteil vom 19.4.2007, Az B 3 Kr 9/06 R; BSGE 93, 176 = SozR 4- 2500 § 33 Nr 7 mwN). Ist jedoch der Versicherte - wie der Kläger - bereits mit Hilfsmitteln - hier einem Elektrorollstuhl mit Computersteuerung - versorgt, die es ihm gerade (allein oder mit fremder Hilfe) ermöglichen sollen, Wege im Nahbereich zurückzulegen, die üblicherweise zu Fuß zurückgelegt werden, besteht kein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die die Zurücklegung dieser Wege mittels Pkw ermöglichen oder dazu dienen, den Radius mittels Pkw noch zu erweitern (BSG, Urteil vom 19.4.2007, Az B 3 Kr 9/06 R; BSGE 91, 60 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27). Eine Ausnahme hat das BSG bisher lediglich im Falle einer Wachkomapatientin zugelassen, weil diese einen eigenen körperliche Freiraum überhaupt nicht mehr wahrnehmen könne und die Beförderung deshalb ausschließlich dem aufsuchen von Ärzten oder Therapeuten gedient habe (BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 mwN). Um eine solche oder eine vergleichbare Konstellation handelt es sich vorliegend nicht.

Nicht erheblich ist die Behauptung des Klägers und des Beigeladenen, bei dem Kraftknotensystem handele es sich um Zubehör zum Elektrorollstuhl. Sind die (Grund-)Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt, ist ohne Belang, ob es sich um eine eigenständiges Hilfsmittel oder um Zubehör zu einem vorhandenen Hilfsmittel handelt.

Der Hilfsantrag ist indes begründet. Der im Berufungsverfahren Beigeladene ist auf den zweitinstanzlich erweiterten Klageantrag zur Versorgung des Klägers mit dem begehrten Hilfsmittel "Kraftknotensystem" zu verurteilen. Er schuldet dem Kläger die streitige Versorgung, weil es sich bei dem "Kraftknotensystem" um ein Hilfsmittel iS von § 31 Abs 1 SGB IX handelt, das im Einzelfall des Klägers zum Ausgleich seiner Behinderung erforderlich ist und der Beigeladene als (überörtlicher Sozialhilfe-) Träger der beruflichen Rehabiltation für die Versorgung zuständig ist.

Die zweitinstanzliche Klage(-erweiterung) ist zulässig. Es handelte sich um eine sachdienliche gewillkürte ( keine gesetzliche, so aber wohl: BSG, Urteil vom 2.11.2000, Az B 11 AL 25/00) Klageänderung (§§ 153 Abs 1, 99 Abs 1 SGG, vgl HK-SGG/Littmann § 75 Rdnr 15) im Berufungsverfahren. Die geänderte Klage ist ebenfalls zulässig. Ohne Belang ist, dass das Verfahren gegen den Beigeladenen anderweitig rechtshängig ist (BSG SozR 2200 § 1239 Nr. 2; BSG SozR 5090 § 6 Nr 4). Ohne Belang ist weiter, dass es bei der Beurteilung der Leistungspflicht des Beigeladenen um ein Fachgebiet (Sozialhilfe) geht, für das der Senat nach der internen Geschäftsverteilung nicht (originär) zuständig ist. Insoweit handelt es sich um eine in § 75 Abs 5 SGG angelegte gesetzliche Aufgabenzuweisung; die sachliche Zuständigkeit nach dem maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan des Landessozialgerichts richtet sich nach dem in der Hauptsache maßgeblichen Sachgebiet (hier: der knappschaftlichen Krankenversicherung), für das der Senat intern ( ausschließlich) zuständig ist. Auch die Voraussetzungen des § 75 Abs 5 SGG in der seit dem 1.8.2006 geltenden Fassung (Art 9 des Gesetzes vom 20.7.2006, BGBl I 1706) liegen vor. Nach dieser Vorschrift kann ein Träger der Sozialhilfe nach Beiladung verurteilt werden. Der Beigeladene ist überörtlicher Träger der Sozialhilfe, § 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) iVm § 5 Abs 1 a) Nr 1 Landschaftsverbandsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen idF der Bekanntmachung vom 14.7.1994 (LVerbO). Auf die frühere, bis zum 31.7.2006 erhebliche Streitfrage, ob es sich bei einem Träger der Sozialhilfe um einen Versicherungsträger iS von § 75 Abs 5 SGG in der bis dahin geltenden Fassung handelt, kommt es nach der Neufassung der Vorschrift durch Gesetz vom 20.7. 2006 nicht mehr an (zutreffend für eine entsprechende Anwendung jedenfalls seit 2005: BSGE 93, 286ff=SozR 4-3250 § 14 Nr 1; Zeihe § 75 Randnummer 57 folgende; andere Ansicht ohne nähere Begründung: LSG BW Urteil vom 9.05.2006, Aktenzeichen L 11 KR 5004/05, und LSG SH, Beschluss vom 9.11.2005, Aktenzeichen L 9 B 268/05 SO ER).

Die Leistungspflicht des Beigeladenen ergibt sich aus § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm mit §§ 53 Abs 4 SGB XII, § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX, § 31 SGB IX, § 17 Abs 1 Satz 1 EinglHV im Vergleich mit § 9 Abs 2 Nr 12 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) zu § 60 SGB XII. Bei dem streitigen Kraftknotensystem handelt es sich um ein im Rahmen der medizinischen Rehabilitation zu gewährendes Hilfsmittel, das dem Ausgleich der Behinderung im Arbeitsleben dient, zu der auch die Beschäftigung in einer WfbM gehört, § 17 Abs 2 EinglHV.

Der Beigeladene ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe grundsätzlich für die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 8 Nr 4 SGB XII, §§ 53-60 SGB XII, § 60 SGB XII zuständig, § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (in Kraft seit dem 1. 1.2007, Art 70 Abs 2 letzter Satz des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I, 3022).

Nach § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen Leistungen der Eingliederungshilfe, die durch eine Behinderung (...) wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt sind, an der Gesellschaft teilzuhaben, (...). Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen (...) die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonst angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen (.. .), § 53 Abs 3 Satz 2 SGB XII. Dabei handelt es sich um einen Rechtsanspruch, §§ 17 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Es ist offensichtlich und deshalb zu Recht nicht streitig, dass die (allgemeinen und besonderen) Leistungsvoraussetzungen beim Kläger vorliegen, wie die Bewilligung des Beigeladenen mit Bescheid vom 18.1.2002 verdeutlicht, die auch die Fahrten des Klägers zur und von der WfbM umfasst.

Zu den (konkreten Einzel-)Leistungen der Eingliederungshilfe gehören auch Leistungen der medizinischen Rehabilitation, zu diesen wiederum auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, §§ 54 Abs 1 Satz iVm 26 Abs 2 Nr 6 SGB XII, 31 SGB IX. Trotz des auch in diesem Bereich des SGB XII geltenden Nachrangprinzips der Sozialhilfe ( § 2 Abs 1 SGB XII, vgl Schellhorn/Schellhorn/ Holm. SGB XII. Kommentar. Sozialhilfe. 17. Aufl. 2006, § 53 Rdnr 58) ist der Anspruch gegen den Beigeladenen hier eröffnet, da die Beklagte als einziger hier als vorrangig verpflichtet in Betracht kommender Leistungsträger nach den obigen Ausführungen nicht leistungspflichtig ist.

Dem steht auch die "Entsprechungsklausel" des § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII nicht entgegen. Danach entsprechen die Leistungen der medizinischen Rehabilitation ( ...) jeweils den Leistungen den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ( ...). Bei dem Kraftknotensystem kann es sich um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung handeln, das von dieser im Rahmen des oben aufgezeigten Leistungsspektrums zB für Fahrten eines Schülers zur Schule zu gewähren ist, wenn dieser nur im Rollstuhl sitzend in einem Pkw befördert werden kann, weil es sich bei der Vermittlung eines allgemeinen Schulwissens (Basiswissen) um einen Basisausgleich im Rahmen der allgemeinen Lebensführung handelt. Somit besteht trotz der Entsprechungsklausel auf der Leistungsseite keine vollständige Kongruenz. Das steht in Einklang mit der bereits oben genannten Rechtsprechung des BSG, die insoweit ebenfalls unterschiedliche Leistungssprektren der GKV einerseits und der Sozialhilfe andererseits annimmt (BSGE 50, 77, 78 = SozR 2200 § 182b Nr 17; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27, 29 mwN und 30; zur ähnlichen Abgrenzung des Leistungsumfangs der GKV und der Bundesagentur für Arbeit vergleiche BSG SozR 3- 4100 § 56 Nr. 15).
Es wird überdies bestätigt durch die Regelung in § 9 Abs 1 Nr 12 EinglHV.

Ein Kraftknotenssytem ist deshalb grundsätzlich geeignetes Hilfsmittel (oder Zusatzausstattung eines Hilfsmittels), auch wenn es nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt ist (Bay. LSG Urteil vom 9.11.2006, Aktenzeichen L 4 KR 249/ 05; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8.11.2006, Aktenzeichen L 15 B 223/06 SO ER; LSG BW, Beschluss vom 20.4.2006, Aktenzeichen L 5 KR 512/06 ER-B; LSG SH, Urteil vom 29.3.2006, NZS 2006, 651f; LSG RP Urteil vom 19. 8. 2005, Breithaupt 2006, 108ff; SG Speyer, Urteil vom 12.2.2004, RdLH 2004, 129f mit Anm Kruse, ebenda, 130; VG Stuttgart, Urteil vom 13.1.2004, RdHL 2004, 129). Denn das Hilfsmittelverzeichnis ist keine abschließende Positivliste (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 25, 27 mwN, 28).

Auch dies bestreitet der Beigeladene zu Recht im Kern nicht. Er bezweifelt lediglich die Erforderlichkeit dieser Versorgung mit der Begründung, dass auch die herkömmliche Beförderung mit einem ausschließlich im PKW installierten Rückhaltesystem eine hinreichend sichere Beförderung gewährleiste und die Benutzung eines Kraftknotensystems (deshalb?) gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Tatsächlich ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die gleichermaßen sichere Beförderung mit einem herkömmlichen Rollstuhlrückhaltesystem nicht gewährleistet. Danach ist das (neue) Rückhaltesystem "Kraftknoten" entwickelt worden, um Sicherheitsdefizite bei der Beförderung mit einem herkömmlichen Rückhaltesystem zu beseitigen. Es verringert die Gefahr der Fehlbedienung bei der Sicherung des Rollstuhls und des Insassen, verhindert bei einem Aufprall den sog. Submarining-Effekt (das Durchtauchen unter dem Gurt hindurch) und den sog. Klappmesser-Effekt (das Aufschlagen des Oberkörpers auf die Knie) und optimiert den Kraftfluss im Rollstuhl und verringert damit seine Belastung in Gefahrsituationen im Straßenverkehr. Erst mit dem Kraftknoten-Rückhaltesystem wird der Kläger ebenso sicher befördert wie im PKW sitzende Gesunde oder Behinderte, die auf einem normalen PKW-Sitz umgesetzt werden können und damit davon profitieren, dass sich das Rückhaltesystem direkt am Sitz befindet.

Es handelt sich insgesamt um einen signifikanten Sicherheitsvorteil des neuen Systems, der den Anspruch auf die entsprechende Erforderlichkeit der Versorgung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls (§ 31 Abs 1 SGB IX) begründet. Dass ein solcher Sicherheitsvorteil die Versorgung mit einem Hilfsmittel begründen kann, hat das BSG bereits in anderem Zusammenhang entschieden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44; BSGE 93, 183ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 8 zum sog. C-leg, das ua der Erhöhung der Sturz- und Stolpersicherheit dient). Danach kann die Versorgung mit einem fortschrittlicheren Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange kein vollständiger Ausgleich der Behinderung erreicht ist (BSGE aaO). Ob eine Rechtspflicht zur Verwendung des Kraftknotensystems im Straßenverkehr besteht, ist ebenfalls ohne Bedeutung. Denn die Versorgung mit Hilfsmitteln erfordert keine gesetzliche Verpflichtung zu deren Verwendung.

Kommen also mehrere Transportsicherungen in Betracht, von denen eines mehr Sicherheit bietet als die anderen, ist die Beförderung mit diesem sichersten System notwendig, um unnötige Beförderungsrisiken auszuschließen. Davon scheint auch die Grundsatzabteilung der Beklagten auszugehen. Die Auffassung des Beigeladenen, der sich auf eine alte, zwischenzeitlich überholte DIN stützt, ist nicht überzeugend. Vielmehr sind die grundsätzliche Eignung und die Gebrauchsvorteile des sog. Kraftknotensystems gegenüber einem herkömmlichen Rückhaltesystem nach den Angaben in der DIN 75 078-2 und der vorliegenden Auskunft der BASt hinreichend belegt. Allein die Tatsache, dass das zwischenzeitlich überholte Sicherungssystem noch verwendet wird und es bisher insoweit nicht zu Beanstandungen gekommen ist, genügt nicht, einen Gebrauchsvorteil zu verneinen. Der Einwand, bei ( herkömmlichen) Pkw-Rückhaltesystemen habe bisher niemals eine Leistungspflicht bestanden und bestehe eine solche auch weiter nicht, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Es ist vielmehr ein durch die neue DIN 75078 - Teil 2 belegter qualitativer Umschwung erfolgt, bei dem nunmehr eine Zusatzausstattung des Rollstuhls erforderlich geworden ist. Für die bisherigen Rückhaltesysteme, nämlich die Rollstuhl- und Personensicherungssysteme im Pkw, waren die GKV und auch der Sozialhilfeträger tatsächlich nicht zuständig. Diese bleiben weiter im Zuständigkeitsbereich des Beförderungsunternehmens. Da das neue (zusätzliche) Hilfsmittel "Kraftknotensystem" aber nicht am Pkw, sondern (ergänzend) am Rollstuhl ansetzt, mithin an dem Hilfsmittel, das grundsätzlich zu gewähren ist, umfasst der Versorgungsanspruch auch das Kraftknotensystem, ob originäres Hilfsmittel oder Zubehör, sei es dass die Rollstühle grundsätzlich damit ausgestattet werden, sei es, dass es sich um eine notwendige Änderung handelt, die ebenfalls vom Anspruch umfasst ist, § 31 Abs 2 SGB IX.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 Satz 1 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.

Referenznummer:

R/R2808


Informationsstand: 03.01.2008