Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten
gem. § 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Urteil des SG Braunschweig vom 25. Juni 2002 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten sind nicht zutreffend. Der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenerstattung für den behindertengerechten Umbau des PKW in Form eines Hubmatik-Kassettenlifts nebst Rollstuhlhalterung und Rasterschienen.
§ 13 Abs. 3 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266 - gültig ab 1. Januar 1993 (
aF) bestimmt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Diese Regelung galt für den gesamten streitigen Zeitraum.
Nach der Rechtsprechung des
BSG muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (bei Voraussetzung 1: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistungserbringung; bei Voraussetzung 2: Rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Kausalzusammenhang bestehen, ohne den die Bedingung des § 13
Abs. 1 Satz 1
SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt ist. Das bedeutet einmal, dass die Krankenkasse nur für solche Leistungen aufzukommen hat, die sie auch bei rechtzeitiger bzw ordnungsgemäßer Bereitstellung der geschuldeten Behandlung hätte gewähren müssen. Des weiteren bedeutet es, dass Kosten für eine selbst beschaffte Leistung, soweit diese nicht unaufschiebbar war, nur zu ersetzen sind, wenn die Krankenkasse die Leistungsgewährung vorher abgelehnt hatte; ein Kausalzusammenhang und damit eine Kostenerstattung scheiden aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen oder deren Entscheidung abzuwarten (
vgl. Urteil des
BSG in SozR 3-2500 § 13
SGB V Nr. 15). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (
vgl. u.a. Senatsurteil vom 18. Mai 2005, Az: L 4 KR 83/04).
Eine unaufschiebbare Leistung i.
S. einer Notfallbehandlung lag bei dem Kläger nicht vor. Davon kann nach der Rechtsprechung des
BSG nur ausgegangen werden, wenn aus medizinischen Gründen eine umgehende Behandlung des Patienten notwendig ist und ein Vertragsarzt bzw -behandler nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen oder aufgesucht werden kann (
vgl. Urteil des
BSG vom 1. Februar 1995, Az: 6 RK 9/94 in SozR 3-2500 § 76
Nr. 2).
Der Kläger hat den in § 13 Abs 3
SGB V vorgesehenen Beschaffungsweg eingehalten.
Die Beklagte hat die begehrte Leistung bereits in dem Telefonat vom 11. März 1999 und darüber hinaus im Bescheid vom 18. August 1999 zu Unrecht abgelehnt. Nach dem Telefonat vom 11. März 1999 war ein weiteres Abwarten des schriftlichen Bescheides für den Kläger nicht mehr zumutbar, weil von vornherein feststand, dass dem Kläger die Leistung verweigert würde (vgl zur Frage des Zuwartens: Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Kommentar, Stand April 2005, § 13
SGB V, Rdnr 29
m.w.N.).
Nach § 2
Abs. 1 Satz 1
SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die im dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12
SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2
Abs. 1 Satz 3
SGB V). § 12
Abs. 1
SGB V bestimmt, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Die Aufwendungen der Eltern des Klägers für das begehrte Hilfsmittel darf sich der Kläger selbst zurechnen.
Das
BSG hat in seiner Entscheidung vom 16. September 2004, Az.:
B 3 KR 19/03 R (bislang unveröffentlicht) entschieden, dass einer volljährigen Versicherten, die im Wachkoma lag, die Versorgung mit einem schwenkbaren Autositz zusteht. Das
BSG führt darin aus, dass Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V ist. Die dortige Versicherte war anspruchsberechtigt, den Aufwand ihrer Eltern wie eigene Aufwendungen geltend zu machen, da diese im Rahmen ihrer familiären Fürsorge gehandelt hätten. Für die Annahme eines rechtswidrigen Fürsorge- und Beistandsverhältnisses fehle es an tatsächlichen Feststellungen des
LSG, ebenso wie zum Rechtsgrund des Versicherungsverhältnisses. Doch selbst wenn bei volljährigen Versicherten kein rechtlich begründetes Fürsorge- und Beistandsverhältnis nachgewiesen sei, dürfe dem Versicherten nicht entgegen gehalten werden, dass nicht er selbst, sondern die Eltern in Erfüllung einer moralischen Verpflichtung aus dem Familienbund das von der gesetzlichen Krankenversicherung (
GKV) verweigerte Hilfsmittel beschafft hätten. Diese Ausdehnung des Erstattungsanspruchs bei einer "Schadensverlagerung" auf besonders eng mit dem oder der Versicherten verbundene Familienmitglieder sei auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des § 13
SGB V geboten, und zwar unabhängig davon, ob hier die Versicherung als Familienversicherung nach
§ 10 SGB V bestanden habe oder nicht. Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des
SGB V sei Anspruchsberechtigter im Rahmen der Familienversicherung immer nur das Mitglied, also der Stammversicherte; nur ihm hätten auch Erstattungsansprüche zugestanden. Durch das Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl I,
S. 2477) sei in § 10
SGB V die Familienversicherung neu geregelt und den mitversicherten Familienangehörigen ein eigener Versicherungsanspruch eingeräumt - die Angehörigen sollten nunmehr eigene Ansprüche haben und dem Versicherten gleichgestellte Mitglieder der
GKV werden -. Gleichzeitig habe der bislang nur durch die Rechtsprechung des
BSG begründete Erstattungsanspruch aus § 13
SGB V seine legislatorische Verfestigung erfahren. Als "Versicherte" könnten jetzt die Familienversicherten auch Erstattungsansprüche geltend machen, ohne - wie früher - auf den Stammversicherten angewiesen zu sein. Diese Ausgestaltung der Familienversicherung mit eigenem Versichertenstatus dürfe aber nicht dazu führen, dass Erstattungsansprüche nur noch und ausschließlich von dem betroffenen Familienmitglied geltend gemacht werden könnten, soweit es eigene Aufwendungen gehabt habe. Dies hätte zur Folge, dass Erstattungsansprüche gänzlich ausgeschlossen wären, wenn familienhafte Bande bestünden und das von der
GKV zu Unrecht verweigerte Hilfsmittel von den Eltern oder einem anderen nahen Familienangehörigen beschafft worden sei. Mit der Rechtsänderung sollte eine Besserstellung der Rechtstellung der Familienversicherten einhergehen, nicht aber gleichzeitig eine Benachteiligung des Familienverbunds eintreten.
Darüber hinaus ist der vom Kläger begehrte behindertengerechte Umbau des
Kfz. durch Einbau eines Hubmatik-Kassettenlifts
etc. entgegen der Ansicht der Beklagten ein geeignetes Hilfsmittel
i.S.d. § 33
SGB V. Nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V i.d.F. des Gesetzes vom 1. November 1996 (in Kraft getreten am 1. Januar 1997, BGBl I, 1631) haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4
SGB V durch
Rechtsverordnung ausgeschlossen sind.
Der Hubmatik-Kassettenlift nebst Zubehör ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern eine speziell für Behinderte entwickelte Vorrichtung, die es ermöglicht, ohne nennenswerten körperlichen Kraftaufwand auch schwere Rollstühle in einen PKW zu verladen. Er ist nicht durch
Rechtsverordnung nach § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen. Das Nichtaufführen im Hilfsmittelverzeichnis nach § 128
SGB V steht einer Gewährung ebenfalls nicht entgegen (vgl Wagner, a.a.O. § 33
SGB V Rdnr 24
m.w.N.). Der Hubmatik-Kassettenlift ist für den Kläger erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen.
Der in § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch nach Inkrafttreten des
SGB XI nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl Urteil des
BSG vom 23. Juli 2002 in SozR 3-2500 § 33
Nr. 46) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens wie das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, (elementare) Körperpflege, selbständiges Wohnen sowie Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums.
Das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung bislang nur i.
S. eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht
i.S.d. vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat das
BSG in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994, Az.: 31 RK 13/93 in SozR 3-2500 § 33
Nr. 7 - Rollstuhlboy - zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Im Urteil vom 16. September 1999, Az.: B 3 RK 8/98 R in SozR 3-2500 § 33
Nr. 31 - Rollstuhl-Bike - hat das
BSG die Rechtsprechung präzisiert und auf die Fähigkeit abgestellt, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden. So hat das
BSG in seiner Entscheidung vom 16. April 1998, Az.
B 3 KR 9/97 R in SozR 3-2500 § 33
Nr. 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche - zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen - Erweiterung, sondern wegen der dadurch geförderten Integration des Behinderten in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden. Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1999, Az.: 11 RK 7/98 in SozR 3-2200 § 152b
Nr. 13 - Faltrollstuhl - nicht die für einen Schüler angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuches der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen. Diese Rechtsprechung ist nach Inkrafttreten des
SGB XI nach Ansicht des
BSG nicht zu modifizieren (
vgl. Urteil des
BSG vom 26. März 2003, Az.: B 3 KR 23/02 R in SozR 4-2500 § 33
Nr. 3). Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung habe sich dadurch nicht wesentlich geändert, und dieses Leistungsrecht bleibe maßgebend.
Wie das
BSG in seinem Urteil vom 16. September 2004 (a.a.O.) ausgeführt hat, besteht nach § 33
Abs. 1, Satz 1, 3. Alternative
SGB V ein Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel, weil es erforderlich war, um das Gebot eines möglichst weit gehenden Behinderungsausgleichs zu erfüllen. Gegenstand des Behinderungsausgleichs sind zwar zunächst solche Hilfsmittel, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet sind, also zum unmittelbaren Ersatz der ausgefallenen Funktionen dienen. Der in § 33
Abs. 1, Satz 1
SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs umfasst jedoch auch solche Hilfsmittel, die die direkten und indirekten Folgen der Behinderung ausgleichen.
Der Kläger ist als Tetraspastiker erheblich in seinen Körperfunktionen behindert. Diese Behinderungen schränken ihn in seiner Lebensbetätigung beträchtlich ein. Bereits aus diesem Grunde konnte er nicht zu Hause, sondern nur in dem Internat in H. ausreichend beschult werden. Nach den Ausführungen im Befundbericht des Orthopäden
Dr. F. vom Krankenhaus G. in H. ist ein Transport des Klägers nur in der Sitzschale möglich. Mangels Geh- und Stehfähigkeit kann er weder ein Fahrzeug besteigen, noch ohne Zusatzvorrichtung in einem regulären Autositz sitzen.
Hinsichtlich des Grundbedürfnisses des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraumes" hat, wie das
BSG in seiner Entscheidung vom 16. September 2004 (a.a.O.) ausführt, bereits der 8. Senat des
BSG entschieden, dass ein schwenkbarer Autositz ein Hilfsmittel
i.S.d. § 182 b Reichsversicherungsordnung - RVO - (heute: § 33
SGB V) ist, wenn einem Versicherten dadurch ermöglicht wird, einen Pkw zu benutzen und damit die Unfähigkeit auszugleichen, zu gehen und ein Fortbewegungsmittel zu besteigen (
vgl. Urteil des
BSG in SozR 3-2500, § 33
Nr. 3 Satz 3). Ergänzend hat der 8. Senat allerdings ausgeführt, es müsse in jedem Einzelfall gesondert festgestellt werden, ob ein Versicherter dieses Hilfsmittel zur Befriedigung seines körperlichen Freiraums trotz des Vorhandenseins von der Beklagten bereits zur Verfügung gestellter Leistungen tatsächlich benötige. Dieser Rechtsprechung hat sich der 3. Senat im Urteil vom 16. September 2004 (a.a.O.) angeschlossen. Ein schwenkbarer Autositz kann danach grundsätzlich als Hilfsmittel geeignet sein, wenn er behinderungsbedingte Beeinträchtigungen eines Versicherten ausgleichen kann. Dies gilt sowohl für das Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums als auch für das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Diese Wertung stehe nicht im Widerspruch zu früheren Entscheidungen des 3. Senates des
BSG, wonach die behindertengerechte Ausstattung eines Kraftfahrzeuges nicht als Hilfsmittel der
GKV zu leisten sei. Das
BSG hat in einer weiteren Entscheidung vom 16. September 2004 mit dem Az B 3 KR 15/04 R (bislang unveröffentlicht) erneut bekräftigt, dass die Verpflichtung der Krankenkassen, Versicherte zum Ausgleich einer Behinderung mit Hilfsmitteln zu versorgen, auch nach Inkrafttreten des
SGB XI nicht zwingend die Ausrüstung eines Pkw mit einer Ladevorrichtung (Rollstuhl-Ladeboy) umfasse, die es einem gehbehinderten Menschen ermöglichen solle, seinen Rollstuhl mit dem Pkw zu transportieren. In beiden vom
BSG am 16. September 2004 entschiedenen Fällen zu ähnlichen Hilfsmitteln sei es aber nur darum gegangen, mit dem Hilfsmittel selbst ständig größere Strecken als allein mittels des Rollstuhls zurückzulegen und damit den eigenen Aktionsradius zu erweitern. Beim Sachverhalt im Urteil des
BSG zum Az B 3 KR 19/03 R (a.a.O.) stehe indes im Vordergrund, dass das Hilfsmittel dazu diene, bei Krankheit oder Behinderung den Arzt oder Therapeuten aufsuchen zu können. Die Rechtsprechung des
BSG habe das jeweils in Betracht kommende Grundbedürfnis nach Fortbewegung bislang immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. Im Fall B 3 KR 19/03 R (a.a.O.) sei diese Einschränkung jedoch ohne Bedeutung, weil die dortige Versicherte als Wachkomapatientin mit multiplen Behinderungen einen eigenen körperlichen Freiraum überhaupt nicht mehr habe wahrnehmen können und die Fortbewegung ausschließlich den Besuch bei Ärzten und Therapeuten dienen sollte. Der Weg dorthin sei für die Versicherte durch die Benutzung des Pkw erheblich erleichtert worden, weil ihr durch den Transport im vertrauten Fahrzeug und in Gegenwart der Eltern Angstzustände genommen und zusätzliche spastische Anfälle vermieden worden seien. Nur der schwenkbare Autositz habe es ihr ermöglicht, unter Hilfestellung des Vaters, das Fahrzeug zu besteigen und dort sicher transportiert zu werden.
Aus diesem zusätzlichen qualitativen Moment leitet das
BSG folglich den Anspruch der dortigen Klägerin gegenüber der dortigen Beklagten ab. Ein solches qualitatives Moment liegt bei dem hiesigen Kläger auch vor. Der Kläger befindet sich von Montag mit Freitag in einem Internat. Ein direkter Kontakt zu seinen Eltern ist ihm daher in diesem Zeitraum verwehrt. Es erscheint dem Senat jedoch in höchstem Maße sinnvoll und notwendig, einem zum Zeitpunkt des Erwerbs des Hilfsmittels
ca. 9- jährigen Jungen den Kontakt zu den Eltern zu ermöglichen. Dieser Kontakt fällt, genau wie der Arztbesuch in der Entscheidung des
BSG mit dem Az. B 3 KR 19/03 R (a.a.O.), in den Bereich der Grundbedürfnisse. Die Orientierung an den Eltern ist für einen zum Zeitpunkt des Erwerbs des Hilfsmittels 9-jährigen Jungen für die weitere Entwicklung zwingend notwendig. Denn jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung zur Persönlichkeit. Dabei stehen dem Kind primär die Eltern zur Seite, um diesem Grundrecht ihres Kindes Rechnung zu tragen (
vgl. Di Fabio, in Maunz Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand Februar 2005, Art 2 Abs 1 Rdnr 208).
Die Sicherstellung dieses Grundbedürfnisses des Klägers in Form des Kontaktes zu den Eltern ist am Sinnvollsten nur mit dem eigenen Pkw der Eltern nebst Hubmatik-Kassettenlift und Zubehör möglich.
Das begehrte Hilfsmittel war auch erforderlich in dem Sinne, dass kein kostengünstigeres und zumindest gleich geeignetes Hilfsmittel zur Verfügung stand. Zum Einen sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Kläger ein preiswerteres Modell zum Einbau in den Pkw hätte erwerben können. Die Beklagte hat dies weder bestritten noch hat sie dem Kläger - wofür sie im Rahmen der Beratungspflicht verpflichtet gewesen wäre - eine günstigere Variante mitgeteilt. Andere, gleichwerte Alternativen sind für den Senat nicht ersichtlich. Die von der Beklagten zur Verfügung gestellten vorhandenen Hilfsmittel reichten zum Zurücklegen der langen Wege von H. bis D. nicht aus. Entsprechende Fahrten durch Krankentransport wären allemal teurer gewesen. Eine Fahrt mit der Bahn war gleichfalls nicht möglich. Diese Einschätzung wird besonders daran deutlich, dass der Kläger aus medizinischen Gründen ein Stützmieder tragen muss und ein Sitzen nur in der Sitzschale in Betracht kommt. Diese Sitzschale ist am Rollstuhl fixiert, so dass
z.B. eine Fahrt mit dem Zug und das mehrmalige Umsteigen zwischen dem Ort des Internates in H. und dem Wohnort der Eltern in D. nicht möglich ist. Darüber hinaus wird der umgerüstete Pkw auch zu Hause in D. vom Kläger dringend benötigt, um dort
z.B. in den Ferien zu Ärzten zu gelangen oder sonstige Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor (§ 160 Abs 2
SGG).