Selbstfahren im Rollstuhl
Das selbstständige Fahren mit einem sicherheitsgeprüften und als Führersitz zugelassenen Elektrorollstuhl ist grundsätzlich möglich. Allerdings ist nicht jedes Fahrzeug für die notwendigen Fahrzeugumbauten geeignet. Es empfiehlt sich daher, bereits vor dem Fahrzeugkauf die technischen Anforderungen mit einem kompetenten Umrüstbetrieb zu besprechen.
Worauf ist beim Fahrzeugkauf zu achten?
- Ist der Fahrzeuginnenraum hoch genug?
- Ist das Fahrzeug für einen Seiten- oder Heckeinstieg geeignet?
- Ist das Fahrzeug für den Einbau einer Rampe oder eines Hubsystems geeignet?
- Wie viele Sitzplätze sollen erhalten bleiben?
Hinweise
Um mit dem Rollstuhl ins Fahrzeug zu gelangen, sind Höhe und Größe des Fahrzeuginnenraums wichtig. Die Einstiegsvariante hängt auch von den Parkmöglichkeiten des Fahrzeugs ab. So kann zum Beispiel eine Garage für einen seitlichen Einstieg zu schmal sein. Der Heckeinstieg hat den Vorteil, dass unterschiedliche Bordsteinhöhen nicht berücksichtigt werden müssen. Andererseits muss beim Ein- und Aussteigen hinter dem Fahrzeug ausreichend Platz vorhanden sein.
Was ist zu beachten?
Höhe des Fahrzeuginnenraums
Geeignet sind Vans, Minivans, Transporter und andere Fahrzeuge mit höherem Aufbau. Eventuell muss beim Umbau der Fahrzeugboden noch abgesenkt werden, was nicht bei jedem Fahrzeug möglich ist.
Größe des Fahrzeuginnenraums
Um mit dem Elektrorollstuhl an den Fahrerplatz zu gelangen, müssen im Fahrzeug Sitze entfernt werden. Je nach Anzahl der Sitzplätze ist die Größe des Fahrzeuginnenraums entscheidend.
Seitlicher Einstieg
Für den Seiteneinstieg muss eine Schiebetür eingebaut und gegebenenfalls der Türausschnitt vergrößert werden. Das ist nicht bei allen Fahrzeugen möglich.
Heckeinstieg
Für den Heckeinstieg ist eine nach oben geöffnete Heckklappe meist günstiger als seitlich öffnende Doppeltüren. Eine elektrische Heckklappe ist vom Rollstuhl aus leichter zu bedienen.
Rampen und Hebevorrichtungen
Um mit dem Rollstuhl ins Fahrzeug zu gelangen, muss der Abstand zwischen Straße und Einstiegshöhe des Fahrzeugs überwunden werden. Der Einbau von Rampen- und Hubsystemen auf der Fahrerseite ist grundsätzlich nicht zulässig. Das Fahrzeug muss für die gewünschte Einbauvariante geeignet sein.
Was ist zu beachten?
- Um ausreichend Platz zu schaffen, müssen im Fahrzeug Sitze ausgebaut werden. Wie viele Sitze ausgebaut werden müssen, hängt vom Platzangebot des Fahrzeugs und von der Größe des Rollstuhls ab.
- Auch die Höhe des Fahrzeuginnenraums spielt eine Rolle. Möglicherweise muss der Fahrzeugboden teilweise ausgeschnitten und abgesenkt werden, um eine ausreichende Kopffreiheit zu erreichen. Bei einem tiefergelegten Fahrzeug ist auf die Höhe der Bodenschwellen zu achten, zum Beispiel bei Ein- und Ausfahrten von Parkhäusern.
- Um vom Rollstuhl auf den Fahrersitz umsetzen zu können, muss der Fahrersitz in die entsprechende Position gebracht werden. Die automatische Sitzeinstellung erfolgt über eine Fernbedienung vom Rollstuhl aus. Je nach Platzverhältnissen muss für den Transfer auch der Beifahrersitz entfernt werden.
Wenn das Umsetzen auf den Originalsitz nicht möglich ist, gibt es zwei Möglichkeiten. In beiden Fällen muss ein ausreichender Halt und Sitzkomfort gewährleistet sein.
Umsetzen auf den Originalsitz
1. Option. Originalsitz ausbauen
Ist das Umsetzen auf den Fahrersitz des Fahrzeugs nicht möglich, kann der Rollstuhl als Fahrersitz genutzt werden. Dazu wird der Originalsitz ausgebaut, um mit dem als Fahrersitz zugelassenen Elektrorollstuhl direkt hinter das Lenkrad zu fahren. Der Rollstuhl wird in einer dafür vorgesehenen Bodenvorrichtung (Dockingstation) verankert.
2. Option: Rollstuhlsitz auf das Untergestell des Originalsitzes befestigen
Es besteht auch die Möglichkeit, den Rollstuhlsitz vom Rahmen zu trennen und auf dem Untergestell des originalen Fahrersitzes zu befestigen. Die fahrende Person bleibt während dieses Sitztransfers im Rollstuhl sitzen und steuert den Vorgang mit einer Fernbedienung. Bei der Montage des Rollstuhlsitzes auf dem Untergestell ist darauf zu achten, dass der Sitz sowohl für den Rollstuhl als auch für den Autositz geeignet ist.
Rollstuhl und Person im Rollstuhl sichern
- Bei Selbstfahrerinnen und Selbstfahrern im Rollstuhl erfolgt die Arretierung des Elektrorollstuhls stets mechanisch oder elektrisch mit einer automatischen Dockingstation. Damit ist die selbstfahrende Person vollständig unabhängig von der Hilfe anderer Personen.
- Insassinnen und Insassen im Rollstuhl sollten zudem immer durch Kopf- und Rückenstützsysteme gesichert werden, um bei einem Auffahrunfall geschützt zu sein.
Sicherheitshinweise
- Sicherungssysteme müssen zusammen mit den Rollstühlen crashgetestet sein und den sicherheitsrelevanten Normen entsprechen.
- Rollstühle, die als Fahrersitz zugelassen sind, müssen die strengen Anforderungen der ISO 7176-19 und 10542-1 sowie der EWG-Richtlinien 74/408 und 76/115 erfüllen.
- Rollstühle, die als Fahrersitz verwendet werden sollen, werden nach Paragraf 35 a Abs. 2 StVZO begutachtet. Dabei gibt es wieder zwei Möglichkeiten: Rollstühle, für die eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO erforderlich ist, und Rollstühle, für die keine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist.
(Quelle: VFMP)
Speziell für Autofahrer und -fahrerinnen im Rollstuhl gibt es einige intelligente Assistenzsysteme, die das aktive Fahren erleichtern. Da diese Bedienhilfen teuer sein können, ist eine Beratung vor dem Kauf empfehlenswert.
Welche Produkte gibt es?
- Abstandsregel-Tempomat mit Stop-and-go-Funktion (integrierte Notbremsfunktion)
- Automatische Scheibenwischersteuerung
- Licht-Assistent
- Notbremslicht
- Reifendrucküberwachung
- Rückfahrassistent
- Rückfahrkamera
- Rundum-Kamera
- Seitenwindassistent
- Spracherkennung (für Telefon, Navigationsgerät und Multimedia)
- Spurhalteassistent
- Toter-Winkel-Assistent
(Quelle: Ratgeber MOBITIPP, Behindertengerechte Autoumbauten, Ausgabe 13, 12/2020, S. 78 ff.)